StartGrundsatzartikelGeneralmajor Gerd Schultze-Rhonhof: Ist Putin wirklich ein Kriegsverbrecher?

Generalmajor Gerd Schultze-Rhonhof: Ist Putin wirklich ein Kriegsverbrecher?

Von Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof *)

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Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof. Bild: wirselbst

Vorwort

Als ich meine erste Abhandlung über das Ukraine-Desaster geschrieben habe, habe ich nicht angenommen, dass der russische Staatspräsident Putin sein Bemühen, die NATO von der Schwelle Russlands fernzuhalten, bis zum Kriege gegen die Ukraine treiben würde. Ich wollte aber auch nicht glauben, dass die USA und mit ihnen die NATO und Staatspräsident Selenskyj so hoch und lange pokern würden, bis sie gemeinsam vor einem Scherbenhaufen stehen würden.
Ich habe das Ukraine-Desaster seit etwa drei Jahren von den deutschen Medien fast ausschließlich aus ukrainischer Perspektive vermittelt bekommen. So habe ich keine „Erste-Hand-Information“ über die Befindlichkeiten der russisch-sprachigen Bevölkerungsanteile im Osten der Ukraine. Ich kenne auch keine Berichte über den mittlerweile acht Jahre andauernden Separationskrieg im Donbass-Gebiet. War die Kriegführung der ukrainischen Armee gegen die Separatisten/Freiheitskämpfer dort fair oder brutal? Wie haben die zerstörten Städte ausgesehen? Gab es Flüchtlingselend? Die vielen „Spezials“ und „Brennpunkte“ der deutschen Fernsehanstalten über den Krieg in der Ukraine haben auf mich als altem Soldat mehr wie ukrainische Propaganda als wie deutsche Nachrichten gewirkt. Ihr Informationswert war nahezu gleich Null. Ihr antirussischer Motivationswert dagegen hoch. So fällt es mir inzwischen schwer, nicht auch russophob zu urteilen.

Die NATO-Osterweiterung Teil I

Ich gehe sehr lange und ausführlich auf die Bedeutung der NATO-Osterweiterung ein, weil sie den Kern des derzeitigen Ukraine-Desasters bildet. Am Anfang des Problems stand das glückliche Ereignis der deutschen Wiedervereinigung und das zunächst damit verbundene Versprechen des amerikanischen Außenministers Baker, dass die NATO danach nicht nach Osten erweitert werden würde. Zunächst meine Auffassung dazu und dann die ihr widersprechenden Meinungen.
Nach monatelangem Verhandeln der Siegermächte und beider deutscher Teilstaaten um den zukünftigen Status Deutschlands wurde dem vereinten Deutschland von Russland der Verbleib in der NATO zugestanden, was heute unstrittig und vollzogen ist. Und es wurde im Gegenzug den Russen zugesichert, dass die NATO ihrerseits auf ihre Ausdehnung nach Osten verzichtet, was heute strittig ist. Der Wunsch der Ukraine und der USA, die Ukraine in die NATO aufzunehmen und die NATO damit bis an Russlands Grenze vorzuschieben, ist nun zum Kriegsgrund und Kriegsanlass geworden. Der Ablauf stellt sich mir so dar:
Am 31. Januar 1990 hat Außenminister Genscher bei einem Vortrag in der Evangelischen Akademie in Tutzing ausgeführt: „Was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt näher an die Grenzen der Sowjetunion heran wird es nicht geben. … Der Westen muss auch der Einsicht Rechnung tragen, dass der Wandel in Osteuropa und der deutsche Wiedervereinigungsprozess nicht zu einer Beeinträchtigung der sowjetischen Sicherheitsinteressen führen dürfen.“
Am 8. Februar 1990 hat der amerikanische Außenminister Baker gegenüber Generalsekretär Gorbatschow zugesagt, dass „die NATO keinen Inch weiter nach Osten vorrücken“ werde. Auf Gorbatschows Rückfrage hat er das noch einmal bestätigt. Baker hat seine ursprüngliche Aussage einem Journalisten gegenüber später bestätigt, sie inhaltlich aber zurückgenommen. Er erklärte: „Ich hatte das weder mit dem Weißen Haus noch mit dem Nationalen Sicherheitsrat abgestimmt. Zwei Tage nach meinen Äußerungen gegenüber Gorbatschow zur NATO-Erweiterung änderten die USA ihre Position. Die Russen wussten das.“
Bakers Zusage wurde desungeachtet am 17.Mai 1990 durch den deutschen NATO-Generalsekretär Wörner bestätigt, der – obwohl dazu offensichtlich nicht autorisiert – ebenfalls den Verzicht der NATO auf eine Osterweiterung aussprach.
Der britische Außenminister Hurd sagte Gorbatschow am 11.April 1990 bei seinem Staatsbesuch in Moskau zu, dass Großbritannien nichts tun werde, was sowjetische Interessen und die sowjetische Würde beeinträchtige.
Bei einem Besuch Außenminister Genschers bei seinem Amtskollegen Baker gab Genscher einem Journalisten des 1. Deutschen TV-Programms ein Interview. Er sagte, neben Baker stehend, ins Mikrophon: „Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. … Das bezieht sich nicht nur auf die DDR, sondern das gilt ganz generell.“ ( wörtliches Zitat ) Das Interview ist heute noch bei Youtube einzusehen. ( Internet: „Genscher & Baker keine Osterweiterung der NATO“ )
Am 6.März 1991 hat der damalige Leiter des Genscher-Ministerbüros Jürgen Chrobog gegenüber den politischen Direktoren der Außenämter Englands, Frankreichs und der USA bei Überlegungen zur zukünftigen Sicherheit der osteuropäischen Staaten gesagt: „ Wir haben in den 2-plus-4-Verhandlungen deutlich ( clear ) gemacht, dass wir die NATO nicht über die Elbe hinaus ausdehnen werden. Wir können deshalb Polen und den Anderen keine NATOMitgliedschaft anbieten.“
Zusätzlich gab es Erklärungen, deren nachträgliche Wertlosigkeit die heutige russische Führung empört. Am 7. Juni 1990 zum Beispiel übermittelten die im schottischen Turnberry versammelten NATO-Außenminister den zeitgleich in Moskau tagenden Spitzen der Warschauer-Paktstaaten die sogenannte „Botschaft von Turnberry“. In ihr hieß es „Wir reichen der Sowjetunion und allen anderen Staaten Europas die Hand der Freundschaft und Zusammenarbeit. … Wahre und dauerhafte Sicherheit in Europa wird am besten durch die gegenseitige Anerkennung und das Verständnis der legitimen Sicherheitsinteressen aller Staaten gewährleistet.“ Die Anerkennung und das Verständnis der legitimen Sicherheitsinteressen haben die Russen natürlich auch auf sich bezogen und für bare Münze gehalten.
Noch drei Jahre später, im Frühjahr 1993 bestätigte US-Präsident Clinton in einer Rede, dass der Verzicht auf eine Osterweiterung der NATO auch seiner Ansicht entspricht. Im Herbst 1997 kam dann die Wende dieser US- und NATO-Politik. Die in Tschechien geborene US-Außenministerin Madeleine Albright hat damals angeregt und durchgesetzt, dass Tschechien, Polen und Ungarn 1999 in die NATO aufgenommen wurden.
Heute wird die ursprüngliche Erklärung der US-Außenministers Baker gegenüber dem sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow nicht als bindend anerkannt, weil sie nicht schriftlich und vertraglich fixiert worden ist und weil Gorbatschow im Verlauf der folgenden Verhandlungen nicht auf die Aufnahme dieser Bedingung in die Verträge bestanden hat. „Nicht-Widerspruch“ gilt diplomatisch und staatsrechtlich als schweigende Zustimmung. Unter Historikern und Staatsrechtlern gibt es aber auch davon abweichende Beurteilungen der Bindekraft von mündlichen Absprachen.
Nun komme ich zu den Behauptungen, dass es die Baker-Zusage nie gegeben hat.
Herr Teltschik, ein früherer Kanzlerberater bei Bundeskanzler Kohl, behauptet seit geraumer Zeit, dass es eine solche Zusage nie gegeben hat. Er habe Bundeskanzler Kohl bei allen Gesprächen und Verhandlungen begleitet und da sei nie über eine Osterweiterung der NATO gesprochen worden. Teltschik ist in dieser Sache ein untauglicher Zeuge. Er war nur Begleiter von Kanzler Kohl, und er bezieht sich in seinen Aussagen auch nur auf Kohl-Gespräche. Bei den zur Sache entscheidenden Absprachen und Zusicherungen war er nicht zugegen. Bundeskanzler Kohl hat offensichtlich alle Angelegenheiten zur weiteren NATO-Zugehörigkeit des vereinigten Deutschland und zur NATO-Präsenz auf dem Gebiet der ehemaligen DDR Außenminister Genscher verhandeln lassen. Außerdem war Teltschik weder bei dem Baker-Gorbatschow-Gespräch noch bei der Wörner-Äußerung anwesend. Er hat bei einen jüngst gegebenen Interview zur eigenen Bestätigung auch noch hinzugefügt, dass bei den Gesprächen zur deutschen Wiedervereinigung gar nicht über eine NATO-Osterweiterung gesprochen worden sein kann, weil ja zu der Zeit niemand wissen konnte, dass sich die Sowjetunion und der Warschauer Pakt eines Tages selbst zerlegen und Raum für eine Osterweiterung der NATO bieten würden.
Diesen beiden Teltschik-Argumenten schließen sich inzwischen auch der ehemalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt Ischinger und der ehemalige Bundesfinanzminister Waigel an. Beide waren beim Baker-Gorbatschow-Treffen im Februar 1990 nicht zugegen. Teltschik, Ischinger und Waigel irren alle drei auch mit ihren Aussagen, dass ab Februar 1990 und erst recht während der 2-plus 4-Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung ab Mai 1990 niemand wissen oder ahnen konnte, dass der Warschauer Pakt und die Sowjetunion auseinander bröckeln würden.
Als US-Außenminister Baker Generalsekretär Gorbatschow am 8. Februar 1990 seine Zusage für die „Nichterweiterung“ gab, rumorte es schon ein und zwei Jahre in den Sowjetrepubliken Lettland und Litauen. In Litauen gab es die Unabhängigkeitsbewegung Sajüdis. Und als am 5. Mai 1990 die erste 2-plus-4-Verhandlungsrunde begann, hatten gerade Litauen ( am 11.3.1990 ) und Lettland ( am 4.5.1990 ) ihre Unabhängigkeit erklärt und Estland folgte nur drei Tage später ( am 8.5.1990 ). Auch im Warschauer Pakt waren die Risse und die wachsende Westorientierung ebenfalls erkennbar. In Ungarn lief der Reformprozess seit 1987, in Rumänien, Polen und der Tschechoslowakei seit 1989. Auch Maggie Thatcher sprach zu der Zeit schon über den „Reformprozess in Osteuropa“. Wenn die drei genannten Herren heute sagen, dass damals niemand hätte sehen oder ahnen können, dass die laufende Entwicklung in Osteuropa in naher Zukunft Raum für eine Neuordnung der Mächte und Bündnisse schaffen würde, schenke ich ihnen keinen Glauben.
Und nun etwas Persönliches. Am 26. September 1989 hatte ich als Kommandeur der Panzertruppenschule in Munster den amerikanischen Botschafter in Bonn Vernon Walters zu Gast und zu betreuen. Wir haben uns intensiv über die Möglichkeit einer deutschen Wiedervereinigung und die Einstellung seines Präsidenten George H. W. Bush dazu unterhalten. Der Botschafter hat mir alle Fragen – wie ich hoffe – offen beantwortet und dabei auch die Einstellung seines Präsidenten erläutert. Nach Walters Antwort auf meine letzte Frage kam noch eine Aussage, nach der ich ihn gar nicht gefragt hatte. Er sagte: „Die deutsche Ostgrenze wird immer hinter der polnischen Ostgrenze herwandern.“ Da wurde im Weißen Haus offensichtlich schon längst über die möglichen Entwicklungen in Osteuropa nachgedacht. Um richtig einzuschätzen, wie genau Walters wahrscheinlich die Überlegungen seines „Herren“ kannte, muss man wissen, dass Bush und Walters früher zeitlich überschneidend CIA-Chef und Vize-CIA-Chef waren. Also, ich lasse die Einwände von Teltschik, Ischinger und Waigel nicht gelten. Den Einwand der deutschen und amerikanischen Politik, dass Absprachen nicht bindend sind, wenn sie nicht vertraglich festgeschrieben sind, nehme ich dagegen ernst. So ist die Realität und so ist es meist wohl auch nicht anders handhabbar.
Man sollte trotzdem nicht übersehen, dass es auch zwischen Völkern und Regierungen so etwas wie Vertrauen und Vertrauensschutz gibt. Eine mehrfach mündlich abgegebene Zusicherung durch amerikanische, deutsche und NATO-Politiker, dass die NATO nicht nach Osten erweitert wird und dass man keine einseitigen Vorteile aus der deutschen Wiedervereinigung ziehen wolle, haben eine russische Erwartungshaltung erzeugt.

Die Nato-Osterweiterung Teil II

Ein zunächst positiver Wandel in den NATO-russischen Beziehungen zeichnete sich ab, als am 7. Juni 1990 die NATO-Außenminister in Turnberry in Schottland tagten und zeitgleich die Spitzen der Warschauer-Pakt-Staaten in Moskau. Die NATO-Staaten-Außenminister sandten damals die „Botschaft von Turnberry“ nach Moskau, „reichten die Hand zur Verständigung“ und garantierten „die gegenseitige Anerkennung und das gegenseitige Verständnis der legitimen Sicherheitsinteressen aller Staaten“. Das mit den legitimen Sicherheitsinteressen haben die Russen natürlich auch auf sich selbst bezogen und die Ukrainer beziehen es sich heute ebenfalls auf sich. Die „Botschaft von Turnberry“ wird heute als Ende des Kalten Kriegs angesehen.
Es folgte am 27. Mai 1997 in Paris die Gründung des NATO-Russland-Rats. In dessen Gründungsakte stehen neben vielen Schwüren zu Frieden und Gemeinsamkeit wieder Grundsätze, die beide Seiten heute für sich auslegen können. Da werden der Schutz der Minderheiten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker beschworen, worauf sich Russland heute in Bezug auf die Krim, Lugansk und Donezk zur eigenen Rechtfertigung beruft. Da werden auch der Gewaltverzicht und die territoriale Unversehrtheit und politische Unabhängigkeit der Staaten als gemeinsame Ziele angeführt, worauf sich heute die Ukraine und die NATO berufen. Entscheidend für die NATO-Osterweiterung ist das in der Gründungsakte festgeschriebene „natürliche ( inherent ) Recht der Staaten, den Weg ( means ) zur eigenen Sicherheit selbst zu wählen.“ Die NATO und die ehemaligen, nicht russischen Warschauer-PaktStaaten haben in dieser Formulierung das Zugeständnis des russischen Staatspräsidenten Jelzin zur Osterweiterung der NATO gesehen, obwohl Jelzin in seinem Schlusswort zur Unterzeichnungskonferenz nachgeschoben hat, dass er eine Osterweiterung der NATO ablehnen würde. Am 12. März 1999 traten Polen, Tschechien und Ungarn der NATO bei.
Der NATO-Russland Rat hat ansonsten nicht zur viel beschworenen Gemeinsamkeit geführt. Von März bis Juni 1999 haben Nato-Truppen gegen Russlands Willen Jugoslawien angegriffen. Damals war die Rollenverteilung allerdings anders als heute in der Ukraine. Die NATO kämpfte für die Minderheitenrechte und die Abspaltung des Kosovo. Heute kämpfen die Russen für die Minderheitenrechte und die Abspaltung von Lugansk und Donezk. Und seit 2016 streiten Russland und die USA um die Stationierung von nuklearfähigen Mittelstreckenraketen in Polen und Rumänien. Auch hier haben sich die Amerikaner durchgesetzt und sich nicht um die Sicherheitsinteressen Russlands geschert. Die Gründungsakte, die dem NATO-Russland-Rat zugrunde liegt, ist also nur noch ein rissiges Sicherheitsnetz. Bei der letzten Konferenz des NATO-Russlands-Rats am 12.Januar 2022 in Brüssel hat die einst beschworene Gemeinsamkeit nur noch dazu ausgereicht, um sich gegenseitig die „unverhandelbaren“ Maximalforderungen vorzutragen.
Es ist nachvollziehbar, dass sich russische Spitzenpolitiker – zuerst Jelzin und dann Putin – hereingelegt und über den Tisch gezogen fühlen. Ganz abgesehen davon hat die ehemalige Sowjetunion ihre Truppen aus Mitteleuropa abgezogen, während die USA ihre Truppen weiter nach Osten vorgeschoben haben. Ganz abgesehen davon hat Russland die wirtschaftliche und politische Westbindung der europäischen Warschauer Pakt-Mitglieder und seiner ehemaligen baltischen Sowjet-Teilstaaten akzeptiert. Selbst die wirtschaftliche Umorientierung der Ukraine zur EU hat Russland hingenommen. Auch davon abgesehen ist es strategisch klug, zwischen gegensätzlichen Systemen, Staaten und Staatenbündnissen Abstandszonen d.h. neutrale Pufferstaaten zu belassen. Auch noch davon abgesehen hat schon Reichskanzler Bismarck betont, dass man dauerhaften Frieden nur durch Interessenausgleich erreicht und nicht durch die Durchsetzung der eigenen Interessen. Gegen diese vernünftigen Prinzipien haben amerikanische, deutsche und NATO-Politiker noch nach 1997 mehrfach verstoßen, als Putin auf der Münchener Sicherheitskonferenz erstmals klargestellt hat, wo für russische Sicherheitsinteressen eine „Rote Linie überschritten“ wird, nämlich bei einer weiteren Ausdehnung der NATO bis an die Grenze Russlands. Nun hat der „Westen“ versucht, diese Rote Grenze zu überschreiten. Er pocht auf das „Recht auf seiner Seite“, steht zusammen mit den Russen vor einem Scherbenhaufen und zeigt in seiner Selbstgerechtigkeit nicht einmal den Anflug von einem Stückchen Selbstkritik und Eingeständnis einer Mitschuld am Entstehen dieses Krieges.
Man sollte in Deutschland auch nicht vergessen, dass unsere Wiedervereinigung vor 32 Jahren erst durch die Zustimmung Gorbatschows möglich wurde. Und die gab es im Gegenzug zur mündlichen Zusage des amerikanischen Außenministers Baker: „Die NATO wird keinen Inch weiter nach Osten vorrücken.“ Der Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung war also ein Teil des Preises für die Wiedervereinigung. Und der Preis ist nie bezahlt worden. Wir sollten auch nicht vergessen, dass der deutsche NATO-Generalsekretär Wörner und der deutsche Außenminister Genscher das in ihren Reden und Interviews bestätigt haben. Wir Deutsche sind, anders als andere NATO-Mitglieder, damit auch die erstrangigen Zeugen dieser frühen amerikanischen Zusage.

Die anfängliche Rolle Putins

Zunächst hat Putin eine Annäherung an den „Westen“ versucht und sich bemüht, die Russische Föderation mit der EU und der NATO zu vernetzen. Er schlug in drei in Deutschland gehaltenen Reden 2001, 2007 und 2010 eine Freihandelszone der EU mit Russland vor und ist damit gescheitert. Und er hat beim Abschiedsbesuch von Bill Clinton in Moskau im Jahr 2000 eine Angliederung Russlands an die NATO ins Gespräch gebracht. Auch wieder ohne positive Resonanz. Das Ende der Annäherungsversuche kam erst nach dem Wandel der Außenpolitik des „Westens“. 1997, noch unter Clinton, setzte die amerikanische Außenministerin Albright die NATO-Osterweiterung durch. 2007 erklärte Putin auf der Münchener Sicherheitskonferenz eine weitere NATO-Osterweiterung auf das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion als das „Überschreiten einer Roten Linie“.

Die Ukraine versucht, sich dem Westen zuzuwenden

Die Ukraine hatte im November 2011 ein Freihandelsabkommen mit Russland geschlossen und 2012 und 2013 mit der EU über ein Assoziierungsabkommen verhandelt. Sie hatte versucht, sich den einen Markt zu erschließen, ohne den anderen zu verlieren. So hatte die ukrainische Regierung unter Ministerpräsident Asarow versucht, die EU-Annäherung mit der Mitgliedschaft in Russlands Freihandelszone zu verbinden, was die Russen nach anfänglichem Widerstand bereit waren zu verhandeln, was die EU-Kommission aber immer abgelehnt hat. Die EU hat de facto versucht, für den zukünftigen Außenhandel der Ukraine einen „Alleinvertretungsanspruch“ durchzusetzen. Damit war Janukowytschs ursprüngliche Absicht gescheitert, die Ukraine wirtschaftlich und politisch als Brücke zwischen Ost und West zu etablierten.
Als die Verhandlungen mit der EU in ihre „heiße Phase“ traten, befürchtete Ukraines Staatspräsident Janukowytsch realistisch, dass die Wirtschaft der Ukraine bei der Anpassung an die EU deren Konkurrenzdruck wirtschaftlich und technisch nicht gewachsen sein würde, wie zuvor die DDR der BRD. Er forderte eine 160 Milliarden Euro umfassende Anpassungs-Beihilfe von der EU, und die EU lehnte ab.
Ein zweites Hindernis war, dass sich die Ukraine selbst den Westimporten öffnen sollte, ihr selbst aber nur minimale Ausfuhrquoten zugestanden wurden. Die Ukraine bekam bei Verlust des Russland-Marktes für ihre jährlich 30 Millionen Tonnen Export-Weizen nur 200.00 Tonnen Ausfuhrquote in die EU zugestanden. Das waren 0,7 % des Weizens, auf dessen Ausfuhr und die Einnahmen die Ukraine angewiesen war. Bei Fleischwaren waren es 2% und bei Stahlexporten ähnlich wenig. Daraufhin legte Janukowytsch den Assoziierungsvertrag erst einmal für ein Jahr auf Eis. Der Meinungsdruck in der Ukraine für einen wirtschaftlichen Westanschluss und eine spätere EU-Mitgliedschaft war aber inzwischen in der ukrainischen Bevölkerung so stark, dass Janukowytsch diese Entscheidung nicht überstand. Er wurde abgesetzt, und es kam zum sogenannten Maidan-Aufstand.
Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat den Versuch der EU-Kommission, „die Ukraine vor die scheinbare Wahl zu stellen, sich zwischen West und Ost zu entscheiden“ damals scharf verurteilt und als größenwahnsinnig bezeichnet. Er hat dabei 2014 schon gewarnt, dass solch‘ Verhalten zu einem Kriege führen kann.

Die wirtschaftliche „Landnahme“ der USA in der Ukraine

Die USA kamen schon 2008 mit Ihrem Vorschlag, die Ukraine in die NATO aufzunehmen. Es ging und geht dabei offensichtlich um massive wirtschaftliche und militärische Interessen und letztlich um den Hegemonialanspruch der USA in ganz Europa. Die Ukraine hat reichlich Bodenschätze. Sie ist ein beachtlicher Exportmarkt. Sie ist mit ihrer Luft- und Raumfahrtindustrie eine wichtige Ergänzung der gleichen Industrie in Russland, und sie besitzt mit der Krim eine seestrategische Position, aus der heraus das Schwarze Meer beherrscht wird.
Im Windschatten der EU-Verhandlungen griffen amerikanische Firmen und Vertreter von Regierung und Militär eilends zu und nutzten die Schwäche der Ukraine, um dort „Nägel einzuschlagen“. Im November 2013 schlossen der US-Energiekonzern Chevron einen für 50 Jahre geltenden Vertrag über die Erschließung und Förderung von Fracking Erdgas in der nordwestlichen Ukraine. Exxon Mobil verhandelte über Erdgaslagerstätten an der Schwarzmeerküste. Interessant sind auch die geschäftlichen und familiären amerikanischen Verflechtungen mit der Ukraine. Der Sohn des damaligen Vizepräsident Joe Biden, Hunter Biden, und der ehem. Stabschef des damaligen US-Außenministers Kerry Leter und der ehem. Wahlkampfmanager von Kerry Archer wurden im Mai 2014 Mitglieder im Verwaltungsrat der größten ukrainischen Gasfirma Burisma. Hunter Biden erhielt als Vergütung einen festgelegten Dollarbetrag pro 1.000 Kubikmeter Erdgas, das durch die Rohre von Burisma lief. Das waren einer amerikanischen Zeitung zufolge in besten Zeiten 50.000 Dollar jeden Monat. Hier verbanden sich offensichtlich US-nationale Wirtschaftsinteressen mit den familiären Vermögensinteressen der Familie Biden. Zu ergänzen ist da noch, dass Burisma die Schürfrechte für Erdgas im Nordzipfel des abtrünnigen Donezk besitzt.
In der Darstellung des Ukraine-Desasters durch die deutschen Medien fehlen leider die Hintergrundgeräusche. Als im Dezember 2013 die Assoziierungsverhandlungen der Ukraine u. a. am „Alleinvertretungsanspruch“ der EU zunächst gescheitert waren, drohten für die amerikanischen Investoren in der Ukraine unwägbare Risiken. Vier Wochen später – am 1. Februar 2014 – wurde das Thema auf der Münchner Sicherheitskonferenz in einem Podiumsgespräch zwischen dem damaligen ukrainischen Außenminister Koschara und dem Oppositionspolitiker Klitschko auf den Punkt gebracht.
Koschera beantwortete die Forderung Klitschkos nach einer Westorientierung der Ukraine mit dem Satz: „Die Ukraine darf nicht vor die Alternative Europa oder Russland gestellt werden.“ Mit einer solchen Regierungseinstellung in Kiew wollten die USA offensichtlich nicht leben. Sie zogen wenig später ihre Fäden für den Staatspräsidentenwechsel von Janukowytsch zu Poroschenko und den Ministerpräsidentenwechsel von Asarow zu Jazenjuk. Auf einem Pressefoto von der Münchner Sicherheitskonferenz sieht man diese Wechsel vier Wochen vorher schon symbolisch dargestellt. Dort stehen US-Außenminister Kerry in der Mitte und Poroschenko und Jazenjuk links und rechts daneben. Außerdem wurde der alte Finanzminister ausgetauscht. Ihm folgte nach einer Spontaneinbürgerung die US-amerikanische Investment-Bänkerin Natalia Jaresko. Auch wenn Beweise in einem strengen Sinne für einen amerikanisch gelenkten „Regime Change“ fehlen, so sei doch noch die Bemerkung der damaligen Stellvertretenden US-Außenministerin Victoria Nuland zitiert, die am 13.Dezember 2013 öffentlich erklärt hat, dass die USA seit 1991 über 5 Milliarden Dollar zur Demokratisierung, für den Wohlstand und die Sicherheit der Ukraine ausgegeben haben. Bei dem Wort „Sicherheit“ kann man noch an Rüstungsgüter und Militärberater denken. Was unter Demokratisierung zu verstehen ist, kann man ahnen, wenn man Nulands diplomatisches Bemühen betrachtet, eine proamerikanische Regierung in Kiew zu arrangieren. 2013 hat sie in einem abgehörten Telefonat mit dem frisch ins Amt gekommenen US-Botschafter in Kiew Geoffrey Pyatt die Eignung von prowestlichen OppositionsPolitikern für eine neue Kabinettsbesetzung in der ukrainischen Regierung besprochen.
Zur amerikanischen Strategie ihrer Ausdehnung von politischer Vorherrschaft und dem Erwerb von überseeischen Bodenschätzen gehört auch die Sicherstellung der Seewege zu deren Lagerstätten. 1887 hat der amerikanische Seekriegstheoretiker, Admiral Alfred Mahan, mit seinem Buch „Der Einfluss der Seemacht auf die Geschichte“ das amerikanische strategische Denken bis zum heutigen Tag geprägt. Er schrieb und lehrte, dass zur Weltmacht die Beherrschung der Weltmeere gehöre. Und die bestünde aus einer allen anderen überlegenen Flotte, aus der Beherrschung der Seewege und aus dem Besitz seestrategischer Positionen, also beherrschender Kriegs- und Handelshäfen am Rand der Meere. Der amerikanische Sicherheitsberater George Friedman hat im Februar 2015 in einem Vortrag vor dem Chicago Council of Global Affairs an diese Seite amerikanischer Strategie und Tradition erinnert. Er führte dabei aus: „Die USA haben ein fundamentales Interesse. Sie kontrollieren alle Ozeane der Welt … Aus diesem Grund können wir in andere Länder eindringen, aber sie können das nicht bei uns. … Die Aufrechterhaltung der Kontrolle über die Ozeane und im Weltall ist die Grundlage unserer Macht.“
Bezogen auf die Ukraine und besonders auf die Halbinsel Krim bedeutet das nach amerikanischem Denken und russischen Befürchtungen, dass eine durch die NATO-Mitgliedschaft für die USA geöffnete Ukraine die Dominanz der USA im Schwarzen Meer begründet hätte. Russland hätte seine seestrategische Position mit dem Verlust seines Kriegshafens auf der Krim an die US Navy abgeben müssen und damit auch die Kontrolle über den Seeweg zum größten Handelshafen Russlands Noworossijsk. Auch der Handelshafen der Ukraine Odessa hätte amerikanischer Kontrolle unterstanden. Wenn Putins Anschuldigung stimmt, haben die USA bereits jetzt bei Otschakiw am Nordzipfel der Schwarzen Meers, 150 Kilometer westlich der Krim, ein Schwarzmeerkommando für die US Navy eingerichtet.
Von geringerer Bedeutung und doch erwähnenswert, ist, dass die Amerikaner seit Jahren Militärberater und Söldner der Militärfirmen Greystone und Academy sowie Rüstungsgüter in die Ukraine schicken. Und im Januar 2015 – in der Poroschenko-Zeit – reiste der amerikanische Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Generalleutnant Ben Hodges, nach Kiew und besuchte die Spitzen der ukrainische Streitkräfte und ihre Truppen und kündigte dort an, dass die USA nun auch offiziell Militärberater schicken würden. Die USA sind also auch ohne NATO militärisch bereits in der Ukraine präsent.

Die Krim-Abspaltung von der Ukraine

Die Bevölkerung der Krim hatte sich schon 1991 bei der Abspaltung der Ukraine aus der Sowjetunion in einem Referendum mit 93 % für einen Verbleib bei Russland entschieden.
Kaum war Janukowytsch abgesetzt und der westlich orientierte Poroschenko im Juni 2014 nachgerückt, forderte der schon nach wenigen Tagen erneut die Assoziierung mit der EU und auch die Aufnahme der Ukraine in die NATO. Nun läuteten im Kreml die Alarmglocken. Putin war klar, dass der EU die NATO und mit ihr die Amerikaner irgendwann auf der Krim einziehen und die US-Navy den russischen Kriegshafen Sewastopol übernehmen würden, wenn es soweit käme. Er zog die Notbremse und annektierte ( westliche Lesart ) im März 2014 die Halbinsel Krim mit ihrer überwiegend russischen Bevölkerung. Vom Ablauf her war es eine Angliederung nach dem Willen der überwiegenden Mehrheit der dortigen Bevölkerung und hatte seine Vorgeschichte.
Am 23. Februar 2014, dem Tag nach der Absetzung von Janukowytsch, hatte eine Interimsregierung ein neues Sprachengesetz erlassen, das Ukrainisch zur alleinigen Staatssprache erklärte und Russisch in Schulen und Ämtern untersagte. Bislang war die überwiegend russischsprachige Bevölkerung der Krim an den Gebrauch des Russischen als zweite Amtssprache gewöhnt. So folgten zwei Wochen später im Lokalparlament der Krim erstmals die Forderung und ein Votum für den Anschluss der Krim an Russland. Eine weitere Woche später stimmte die Krim-Bevölkerung in einem von der EU und den USA für illegal erklärten Referendum mit 97,5 %. ( bei 83 % Wahlbeteiligung ) für einen Anschluss an Russland. ( Die 97,5% entstammen einer Schweizer Berichterstattung. Deutsche Medien nannten geringere Zahlen bis 93 % herunter. ) Das ist die ortsinterne Vorgeschichte der sogenannten „Annexion“ der Krim durch Russland vom 21.März 2014.
Die Übernahme der Krim verletzte zwar das augenblicklich angewandte Völkerrecht, aber sie entsprach einem anderen Prinzip des Völkerrechts, dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Außerdem war die Angliederung der Krim in gewisser Weise mit der Abwehr der sowjetischen Militärbesetzung Kubas 1962 durch die USA vergleichbar. Auch die USA hatten keinen „Gegner“ an ihrer Hintertür geduldet.
Und wir Deutschen sollten uns daran erinnern, dass auch die Deutschen im Teilstaat DDR vor 32 Jahren ihrer rechtmäßigen Regierung den Rücken zugekehrt und sich in einer nach DDR-Recht unrechtmäßiger Weise ihrem Nachbarstaat BRD angeschlossen haben. Sie haben das – wie die Bevölkerung der Krim – mit einem Parlamentsbeschluss und einer Wahl durchgesetzt.
Bald nach der Übernahme der Krim durch Russland wollten sich auch die zwei mehrheitlich russisch bevölkerten Oblaste Lugansk und Donezk von der Ukraine lösen. Sie erklärten ihre Unabhängigkeit, und es kam zu dem nun acht Jahre währenden Bürgerkrieg im Osten der Ukraine.

Des Westens Wortbruch ist der Russen Trauma

Seit der anfänglichen Zusage, dass sich die NATO nicht nach Osten ausdehnt, hat Russland seit 1999 tatenlos mit angesehen, wie 13 osteuropäische Staaten in die NATO aufgenommen wurden und wie gegen russischen Protest amerikanische Raketen in Polen und Rumänien stationiert wurden. Das war für den Westen ein Export von Demokratie und Freiheit und für Russland ein empfundener Wortbruch, der ein Trauma hinterließ. Außer der NATOAufnahme Polens, Ungarns und Tschechiens fünf Monate vor Putins erstem Amtsantritt als russischer Ministerpräsident fanden alle anderen Erweiterungen und Stationierungen in Putins Amtszeit statt. Er hat – was die amerikanischen Raketenstationierungen betrifft – wiederholt Einspruch dagegen eingelegt und mehrmals gesagt, wo für Russland eine „Rote Linie“ überschritten wird. Auch später, nach der Krim-Übernahme zuletzt im Dezember 2021, hat Putin US-Präsident Biden zweimal aufgefordert, auf Dauer auf eine Aufnahme der Ukraine – direkt vor Russlands Haustür – zu verzichten. Putin hat damit ausgereizt, was man als Diplomatie bezeichnen kann.
Der Westen hat Putin 15 Jahre lang gelehrt, dass legitime russische Sicherheitsinteressen allein mit Diplomatie nicht zu schützen waren. So begann er mit der Krim-Übernahme den ersten Tabubruch nach westlichem Verständnis. Er veränderte eine fremde Staatsgrenze nach dem Willen der betroffenen Bevölkerung.

Abspaltung der Oblaste Donezk und Lugansk

Wenige Wochen nach Abspaltung der Krim rührt sich auch die mehrheitlich russische Bevölkerung in den zwei östlichsten Oblasten der Ukraine. Am 7. und 28. Apr 2014 erklärten sich zuerst der Oblast Donezk mit 75 % russischsprachiger Bevölkerung, dann der Oblast Lugansk mit 69 % russischsprachiger Bevölkerung, zu selbständigen Volksrepubliken. In einem Referendum im Mai 2014 votieren über 90 % der Befragten in beiden Oblasten für ihre Unabhängigkeit von Kiew. Die ukrainische Zentralregierung ordnete daraufhin das Unternehmen „Anti-Terror-Operation“ gegen die „Putschisten“ an und ließ Truppen gegen Donezk und Lugansk marschieren. Seitdem tobt dort ein lokaler Sezessionskrieg mit unklarer russischer Einmischung.
Was zur Beurteilung der Kriegshandlungen der „Anti-Terror-Operation“ fehlt, ist eine Berichterstattung in den westlichen Medien. Nach nicht überprüfbaren Berichten begann die Operation mit einem Einsatz von etwa 100.000 Soldaten der regulären ukrainischen Streitkräfte gegen etwa 30.000 Separatisten. Dabei standen den Regierungstreuen Flugzeuge mit Phosphor- und Streuminenbomben zur Verfügung, die die Separatisten nicht hatte. 80 % der Gefallenen sollen separatistische Kämpfer gewesen sein.
Auslöser war offensichtlich die Politik der Kiewer Regierung der „kulturellen Ukrainisierung“ ihres russischen Bevölkerungsanteils. Ursprünglich gab es ein Sprachengesetz, das Minderheitensprachen dort zur zweiten Amtssprache erklärt hatte, wo mindestens 10 % der Bevölkerung eine Minderheitensprache sprachen. Aber im Februar 2014 erklärte die ukrainische Zentralregierung Ukrainisch mit einem neuen Sprachengesetz zur einzigen Staats- und Amtssprache. Damit verschwand das Russisch in 10 von insgesamt 25 ukrainischen Oblasten aus den Ämtern und den Schulen.
Russland unterstützte zwar die russischen Separatisten in den abtrünnigen Oblasten, aber es griff den territorialen Bestand der Ukraine selbst nicht an. Dennoch behauptete der damalige NATO-Generalsekretär Rasmussen schon damals, im September 2014, „Russland greife die Ukraine an“. Russland versuchte vielmehr auf zwei Minsker Konferenzen im September 2014 und im Februar 2015 ( zusammen mit Frankreich und Deutschland ) eine gedeihliche Regelung für Lugansk und Donezk als halbautonome Oblaste innerhalb der Ukraine zu arrangieren.

Das Minsker Abkommen

Am 12. Februar 2015 kam es auf Vermittlung von Frankreich, Deutschland und der OSZE zum Minsker Abkommen ( Minsk II ) zwischen der Ukraine und Russland als der Schutzmacht der zwei abtrünnigen Oblaste. Das Abkommen sah eine Waffenruhe, vorgezogene Wahlen und ein Gesetz über einen Sonderstatus für Lugansk und Donezk innerhalb der Ukraine vor. Die Waffenruhe hielt allerdings nicht länger als drei Tage. Die ukrainische Zentralregierung hielt daraufhin weder die Wahlen ab noch erarbeitete sie das Gesetz für den zukünftigen Sonderstatus der zwei strittigen Oblaste. Stattdessen erließ die Kiewer Regierung 2018 ein „Re-Integrationsgesetz“ für die zwei Oblaste, verbot jegliche Verhandlungen mit ihnen und untersagte auch weiterhin den Gebrauch der russischen Muttersprache in den Schulen. De facto hat die ukrainische Regierung das Minsk II-Abkommen damit gebrochen. Der Bürgerkrieg im Osten der Ukraine ging dementsprechend unvermindert weiter. Putin sah sowohl das Leiden der Bevölkerung im Kriegsgebiet und den Unwillen oder die Unfähigkeit der Kiewer Regierung, das Abkommen von Minsk mit der Teilautonomie von Lugansk und Donezk einzulösen, und er beobachtete – das wog wohl erheblich stärker – das stete Drängen aus Kiew, in die NATO aufgenommen zu werden.


Putins Anerkennung der Eigenstaatlichkeit von Lugansk und Donezk

Eine Ukraine als großes NATO-Mitglied und mit ihr amerikanische Präsenz direkt an Russlands Grenze war und ist mit Russlands vitalem Sicherheitsinteresse nach Putins Auffassung nicht vereinbar. So ordnete er einen Drohaufmarsch an der Grenze zur Ukraine an und forderte US-Präsident Biden im Dezember 2021 und Februar 2022 zweimal auf, dauerhaft auf die Aufnahme der Ukraine in die NATO zu verzichten. Beiden hat das abgelehnt. Stattdessen hat die NATO nach einem Bericht von Anti-Spiegel am 21.Januar 2022 die ukrainische Regierung eingeladen, an der Erarbeitung des neuen Strategiepapiers „NATO-Agenda 2030“ mitzuwirken. Das war – wenn die Nachricht so stimmt – eine überdeutliche Ankündigung an Putin, dass die NATO-Osterweiterung um die Ukraine in naher Zukunft vorgesehen ist. Dass die Nachricht mit der NATO-Agenda 2030 so stimmt, ist indes nicht unwahrscheinlich, nachdem der amerikanische und der ukrainische Außenminister kurz zuvor, am 10. November 2021, bereits eine Vereinbarung über eine strategische Zusammenarbeit ihrer beiden Staaten besiegelt hatten. Hinzu kommt, dass der ukrainische Präsident Selenskyj leichtsinniger Weise am 19.Februar 2022 in seiner Rede auf der Münchener Sicherheitskonferenz gesagt hat, dass er erwägt, die Ukraine wieder zum Atomwaffen-Staat zu machen. Das war für die Russen nicht nur „Öl ins Feuer“ der schon überhitzten Lage, es war „Dynamit mit Zündschnur“. Das würde Putins weitere Handlungen erklären. Er hat daraufhin am 21. Februar 2022 zum zweiten Mal die Notbremse gezogen. Putin hat die Eigenstaatlichkeit der abgespaltenen Oblaste, sieben Jahre nach deren eigener Unabhängigkeitserklärung anerkannt.
Putin hatte mit dieser Anerkennung das getan, was sich 13 Jahre vorher im Kosovo ereignet hat. Dort hatten die westlichen Staaten auch nach jahrelangem Bürger- bzw. Sezessionskrieg und ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats die neuen Grenzen und die selbst erklärte Unabhängigkeit eines serbischen Teilstaats anerkannt und damit den territorialen Bestand Serbiens verändert. Und der Internationale UN-Gerichthof hatte im Fall der Kosovo-Unabhängigkeit am 22.Juli 2010 ausgeführt: „Das allgemeine Völkerrecht enthält kein irgendwie festgelegtes Verbot einer Unabhängigkeitserklärung.“

„Putins Krieg“

Man darf diese Floskel nicht als Zuweisung einer Alleinschuld am UkraineKrieg betrachten. Die Schuldfrage ist ein ganz anderes Thema.
Nach der Anerkennung der Selbständigkeit der zwei „Volksrepubliken“ auf bisher ukrainischem Territorium und der Ablehnung derselben durch die Ukraine, die NATO, die EU-Staaten und insbesondere die USA blieben Putin drei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit wäre Nichtstun und Abwarten gewesen. Damit hätte er kein Problem gelöst. Er hätte den Sezessionskrieg nur verlängert und sein Schutzversprechen an die russische Bevölkerung im Donbass-Gebiet nicht eingelöst. Die zweite Möglichkeit wäre eine russische Besetzung der zwei abtrünnigen Oblaste gewesen. Damit hätte er zwar nur ein Buschfeuer am Rand der Ukraine gelöscht, aber damit den Waldbrand in der ganzen Ukraine verursacht. Eine Kriegseröffnung nur gegen einen Teil der Ukraine wäre außerdem sofort als Kriegseröffnung gegen den Gesamtstaat Ukraine ausgelegt worden und hätte absehbar einen späteren Krieg gegen eine „Koalition der Willigen“ nach sich gezogen. Dass ihm die Zusicherung Bidens, Amerika werde nicht in einen Ukraine-Krieg eingreifen, dabei ohne Wert war, darf man Putin nach etlichen vorherigen amerikanischen Wortbrüchen nicht verdenken. Ein ungewisser Ausgang eines Krieges gegen eine US-geführte „Koalition der Willigen“ hätte auch die Gefahr einer anschließenden NATOAufnahme der Ukraine nicht beendet. Die dritte Möglichkeit war, was er getan hat. Mit einem Angriff gegen die Ukraine und einer kurzzeitigen Besetzung Kiews dauerhaft dafür zu sorgen, dass die Ukraine nicht NATO-Mitglied wird und auch in Zukunft keine Amerikaner direkt an Russlands Grenze stationiert werden.
Eine vierte Möglichkeit war vorher schon vertan. Putin hatte 22 Jahre lang vergeblich in Vorträgen, Verhandlungen, Forderungen, Nennung einer „Roten Linie“ und zuletzt kurz vor und nach dem Jahreswechsel 2021-2022 in zwei Telefongesprächen mit US-Präsident Biden versucht, amerikanische Streitkräfte direkt an Russlands Grenze zu verhindern.

Ein Stellvertreterkrieg

Im Ukraine-Krieg handelt es sich im Kern um eine Auseinandersetzung zwischen den USA und Russland. Mit etwas weiterem Blickwinkel betrachtet, geht es dabei um die Weichenstellung zu einer bipolaren „Friedensordnung“ in Europa mit einem Russland auf gleicher Augenhöhe mit den USA oder zu einer monopolaren Ordnung mit Amerika im Sattel und Russland als Pferdeknecht daneben. US-Präsident hatte ja schon unverblümt geäußert, dass er Russland nur noch für eine Regionalmacht hält und Putin damit für den Streit in der Ukraine „vorgeglüht“. Obama hat so den Anspruch der USA gegenüber allen anderen Staaten in Europa ausgedrückt.
Rein äußerlich spielt sich dieser Streit um Vorherrschaft in Europa jetzt in der Ukraine ab. Das zeigt sich im Streben der USA, ihre Einflusszone und Militärmacht mit Hilfe der NATO ein weiteres Stück in Richtung Russland vorzuschieben und es wird überdies im raschen wirtschaftlichen Zugriff auf die Bodenschätze der Ukraine sichtbar. Es waren die USA, die obwohl regional am weitesten von Europa entfernt, als Erste den Anschluss der Ukraine – und Georgiens – an die NATO forderten, Militärberater in die Ukraine entsandten, Waffen dorthin lieferten und zusammen mit den Niederländern sobald wie möglich nach den dortigen Erdöl- und Erdgas-Lagerstätten griffen. Die Ukraine ist in diesem Konkurrenzkampf um politischen Einfluss, wirtschaftliche Ausbeute und militärische Positionierung hier nur der Spielball zwischen den zwei großen Konkurrenten. Die Konkurrenz der beiden großen Mächte zeigt sich auch in der Unnachgiebigkeit beider Parteien, wenn es um die zukünftige Rolle der Ukraine geht.
Die USA und die NATO-Länder begreifen sich nicht als Bedrohung Russlands, aber sie sind objektiv betrachtet dennoch eine Bedrohung für jeden autoritär geführten Staat oder Staat mit inneren Problemen. So haben die Amerikaner und in ihrem Gefolge Briten, Franzosen. Italiener und andere in den vergangenen Jahrzehnten „Regime Change Wars“ mit und ohne UN-Mandat gegen Grenada, Serbien, Afghanistan, Irak, Libyen und Syrien geführt und sich in die Bürgerkriege und Unruhen fremder Staaten eingemischt, ohne selbst bedroht gewesen zu sein. Der ehemalige amerikanische General und ehemalige Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa ( SACEUR ) Wesley Clark hat am 9.3.2007 in einem Interview offenbart, dass er bereits im September 2001 im Pentagon erfahren hat, dass dort entschieden worden ist, dass in den nächsten 5 Jahren in 7 Staaten Systemwechselkriege geführt werden sollten. Er nannte dazu den Irak, Syrien, Libyen, den Libanon, Iran, Somalia und den Sudan. Wie wir heute wissen, ist diese Liste beinahe komplett abgearbeitet. Man kann das als einen „Master Plan“ bezeichnen. Es ist jedenfalls die Manifestierung der amerikanischen Absicht, den eigenen Herrschaftsanspruch durch Kriege zu erweitern. Alle diese Kriege wurden durch innere Unruhen vorbereitet, die sich in allen genannten Staaten über die dortigen ethnischen oder religiösen oder sozialen Differenzen und Oppositionsgruppen ohne weiteres schnell von außen her entfachen ließen. Alle diese Kriege, die Demokratie und Menschenrechte exportieren sollten, haben Chaos, Flüchtlingsströme, Tote, ruinierte Familien und zerstörte Städte und Dörfer hinterlassen. So befürchtet man außerhalb des Kreises der USA-Verbündeten, dass die USA bei günstiger Gelegenheit nach eigenen Interessen und Maßstäben kriegerisch in fremden Staaten und dortige „Regierungswechsel“ eingreifen. Putin hat diese Machtverschiebungen natürlich registriert. Er hat gesehen, dass die Ukraine nach dem Regierungs-Machtwechsel von 2014 im Begriff war, ganz in die amerikanische wirtschaftliche Einflusszone zu geraten und dass Russland bei weiterer Entwicklung auch amerikanische Truppen, Mittelstreckenraketen und Flottenstützpunkte an seiner Haustürschwelle haben würde. So ist der jetzige Ukraine-Krieg eine russisch-amerikanische Auseinandersetzung, auch wenn die USA noch nicht am Waffen-Krieg beteiligt sind.
Die EU ist dabei – offensichtlich ohne vordergründige Absicht – der Gleisarbeiter, der die Strecke baut, über die der Zug der NATO anschließend nach Osten fährt, mit den USA vorn auf der Lokomotive.

Die Brutalität von Kriegen

Militärisch ausgetragene Kriege sind immer brutal. Mit der Haager Landkriegsordnung und den Genfer Konventionen hat man versucht, die Kriegsgräuel einzudämmen. Zu den Schutzgeboten beider Regelwerke gehören der Schutz der unbewaffneten Zivilbevölkerung und der Schutz unverteidigter Städte und Dörfer vor Beschießung und Bombardierung. Selbst Zivilisten, die sich bewaffnen und einem Angreifer entgegenstellen, solange das eigene Militär noch nicht aufmarschiert ist, genießen die Schutzrechte, die sonst nur Soldaten zukommen. Das war in diesem Ukraine-Krieg nach 8 Jahren Krieg im Donbass jedoch nicht mehr der Fall.
Wer als Staatsoberhaupt seine zivile Bevölkerung dazu aufruft, MolotowCocktails herzustellen und sich Gewehre zu besorgen, nimmt billigend in Kauf, dass die Schutzregeln für die Bevölkerung nicht mehr gelten. Wer seinem Militär befiehlt, die Städte zu befestigen und zu verteidigen, nimmt wohl kalkuliert in Kauf, dass um die Städte gekämpft wird und dass sie beschossen und bombardiert werden. Wer mit offensichtlichem Stolz vor Fernsehkameras zeigt, wie junge Freiwillige in einem Schulgebäude militärisch ausgebildet werden, darf nicht medienwirksam im Fernsehen über die Brutalität des Gegners klagen, wenn der auf solche Gebäude schießen lässt. Die Alternative ist es, Städte zur „offenen Stadt“ zu erklären und sie von Bomben und Granaten zu verschonen und den Krieg in „Feldschlachten“ auszutragen.
Wer einen Krieg vor seiner Niederlage beendet haben will, muss noch verhandeln können. Und Verhandlungen kann man nur ohne Vorbedingungen eröffnen. Je länger sich ein Krieg hinzieht, desto härter werden nach der Erfahrung die Bedingungen, welche die bis dahin überlegene Kriegspartei stellt.

Ist Putin ein Kriegsverbrecher?

Herr Putin hat derzeit den Zorn und Spott der Welt auf sich gezogen. Politiker und Journalisten überbieten sich mit Beschimpfungen, die alle Schuldzuweisungen enthalten oder seine Zurechnungsfähigkeit bezweifeln. Putin ist weder gewissenlos noch größenwahnsinnig und weder irrsinnig noch leidet er an einer Großmacht-Obsession. Selbst Herr Gysi hat ihm einen verbrecherischen Angriffskrieg vorgeworfen, was ihn auch zum „Verbrecher“ macht. Staatspräsident Putin könnte man gerechter Weise nur als Verbrecher bezeichnen, wenn die vielen westlichen Spitzenpolitiker auch als Verbrecher und Massenmörder bezeichnet würden, die in den vergangenen 30 Jahren vermeidbare Kriege eröffnet haben. Der Unterschied zwischen jenen und Putin liegt in der Wahrnehmung, die uns seinerzeit durch Politikerreden und Medienberichte vermittelt worden ist. Es waren Polizeiaktionen oder humanitäre Einsätze. Es hieß, es ginge um den Sturz von Unrechtsregimen, um die Rettung von Regionen vor dortigen Massenvernichtungswaffen, um den Schutz von Minderheiten, um die Wahrung von Menschenrechten oder um das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die schillernden Etiketten „Für Demokratie und Menschenrechte“ haben uns dabei oft zusätzlich die Sicht verstellt.
Putin wird nun das ganze Elend angelastet, das er mit der Kriegseröffnung ausgelöst hat. Dabei werden seine 22 Jahre andauernden vergeblichen Bemühungen verschwiegen, erst um Annäherung an den Westen, dann seine Bitten, dann seine Forderungen, die Nato-Osterweiterung nicht auf die Spitze zu treiben, dann seine „Roten Linien“. Doch das „Narrativ“ der Politiker und der Medien beginnt erst mit der Krim und mit dem Drohaufmarsch. Da die EU, die NATO und die USA Putin offensichtlich vorher nicht ernstgenommen und das russische Sicherheitsbedürfnis schlicht in Abrede gestellt haben, und da Selenskyj, die NATO-Führung und die Amerikaner zum Schluss zu hoch gepokert haben, blieb Putin nur die Wahl zwischen russischer Selbstbehauptung oder Unterwerfung unter den Hegemonialanspruch der Amerikaner. Es war in Wirklichkeit die Wahl zwischen Unterwerfung oder Krieg, die Wahl zwischen Pest und Cholera. Er hat die Wahl dann unglücklich getroffen.
Im Übrigen bleibt festzuhalten, dass zu den Verursachern des Ukraine-Krieges auch die gehören, die das „Nicht-NATO-Osterweiterungs-Versprechen“ nicht gehalten haben und die das Selbstbestimmungsrecht der Völker für die Volksgruppen der Auslandsrussen auf der Krim und im Osten der Ukraine nicht beachtet haben. Dazu gehören auch die ukrainische Regierung, die den mit Minsk II vereinbarten Sonderstatus für Donezk und Lugansk verweigert hat, und alle, die zum Schluss hoch gepokert und abgewartet haben, wie Putin in seiner Klemme reagieren wird.

Die Antwort

Jeder Krieg ist ein Verbrechen an seinen Opfern. Wer nach den schuldigen Tätern und Kriegsverbrechern sucht, darf den Strippenzieher im Hintergrund nicht übersehen. Eine Alleinschuld trägt nicht etwa der, der erst gebeten, dann gefordert, dann gedroht und zuletzt mit Gewalt durchgesetzt hat, dass man sein legitimes Sicherheitsinteresse respektiert. Schuldig und letztlich Kriegsverbrecher sind auch die Akteure ( innen ), die von Freiheit der Bündniswahl und Menschenrechten geredet, aber Erdgas, Militärstützpunkte und Marktanteile gemeint haben.

Erstveröffentlichung bei wirselbst

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*) Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof

Gerd Schultze-Rhonhof wurde am 26. Mai 1939 in Weimar geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums und Abitur in Bonn trat er 1959 in die Streitkräfte ein und wurde zum Panzeroffizier ausgebildet. 1964 und 1965 unternahm er eine halbjährige Studienreise durch Namibia und Südafrika. Nach dreijähriger Verwendung als Chef einer Panzerkompanie absolvierte er die Generalstabsausbildung. Dem folgten Einsätze als Generalstabsoffizier im NATO-Hauptquartier der Armeegruppe NORTHAG, in der Truppe, im Verteidigungsministerium und eine Verwendung als Kommandeur eines Panzerbataillons. Danach bildete Schultze-Rhonhof selbst vier Jahre lang angehende Generalstabsoffiziere an der Führungsakademie der Bundeswehr aus, ehe er nacheinander Kommandeur einer Panzergrenadierbrigade, der Panzertruppenschule, der 3. und der 1. Panzerdivision und des Wehrbereichs Niedersachsen/Bremen wurde. Als letzte Dienstaufgaben leitete Generalmajor Schultze-Rhonhof die erste „Partnership for Peace“-Übung der NATO in Ungarn und nahm als Beobachter an einem ägyptisch-amerikanischen Manöver in der Libyschen Wüste teil.

Schultze-Rhonhof schied 1996 auf eigenen Antrag aus der Bundeswehr aus, weil er die Mitverantwortung für die Folgen einer unangemessenen Verkürzung der Wehrdienstdauer auf 10 Monate nicht mittragen wollte. Seitdem hat er 1997 das Buch „Wozu noch tapfer sein?“ , 2003 das Buch „1939, Der Krieg, der viele Väter hatte“ und 2008 das Buch „Das tschechisch-deutsche Drama 1918-1939? und weitere Buch- und Zeitungsbeiträge geschrieben. Als letztes hat er 2013 das amerikanische Buch des Authors J.V. Denson “ A Centrury of War“ ins Deutsche übersetzt und unter dem Titel “ Sie sagten Freiden und meinten Krieg“ herausgegeben.

Er hat außerdem zahlreiche Vortragsreisen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, der Türkei, Italien und Peru unternommen. 1996 wurde Schultze Rhonhof mit dem Freiheitspreis der Stiftung „Demokratie und Marktwirtschaft“-München und dem Couragepreis des „Verbandes der privaten Wohnungswirtschaft“-Hannover, 2012 mit dem Kulturpreis der Landsmannschaft für freie Publizistik ausgezeichnet.

Gerd Schultze-Rhonhof ist verheiratet, hat drei verheiratete Töchter und neun Enkelinnen und Enkel, und er lebt in Haldensleben bei Magdeburg.

Kommentarregeln: Bitte keine beleidigenden oder strafbaren Äußerungen. Seid nett zueinander. Das Leben ist hart genug.

Gerd Schultze-Rhonhof
Gerd Schultze-Rhonhof
Generalmajor a. D. Gerd Schultze-Rhonhof wurde am 26. Mai 1939 in Weimar geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums und Abitur in Bonn trat er 1959 in die Streitkräfte ein und wurde zum Panzeroffizier ausgebildet. 1964 und 1965 unternahm er eine halbjährige Studienreise durch Namibia und Südafrika. Nach dreijähriger Verwendung als Chef einer Panzerkompanie absolvierte er die Generalstabsausbildung. Dem folgten Einsätze als Generalstabsoffizier im NATO-Hauptquartier der Armeegruppe NORTHAG, in der Truppe, im Verteidigungsministerium und eine Verwendung als Kommandeur eines Panzerbataillons. Danach bildete Schultze-Rhonhof selbst vier Jahre lang angehende Generalstabsoffiziere an der Führungsakademie der Bundeswehr aus, ehe er nacheinander Kommandeur einer Panzergrenadierbrigade, der Panzertruppenschule, der 3. und der 1. Panzerdivision und des Wehrbereichs Niedersachsen/Bremen wurde. Als letzte Dienstaufgaben leitete Generalmajor Schultze-Rhonhof die erste „Partnership for Peace“-Übung der NATO in Ungarn und nahm als Beobachter an einem ägyptisch-amerikanischen Manöver in der Libyschen Wüste teil. Schultze-Rhonhof schied 1996 auf eigenen Antrag aus der Bundeswehr aus, weil er die Mitverantwortung für die Folgen einer unangemessenen Verkürzung der Wehrdienstdauer auf 10 Monate nicht mittragen wollte. Seitdem hat er 1997 das Buch „Wozu noch tapfer sein?“ , 2003 das Buch „1939, Der Krieg, der viele Väter hatte“ und 2008 das Buch „Das tschechisch-deutsche Drama 1918-1939? und weitere Buch- und Zeitungsbeiträge geschrieben. Als letztes hat er 2013 das amerikanische Buch des Authors J.V. Denson “ A Centrury of War“ ins Deutsche übersetzt und unter dem Titel “ Sie sagten Freiden und meinten Krieg“ herausgegeben. Er hat außerdem zahlreiche Vortragsreisen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, der Türkei, Italien und Peru unternommen. 1996 wurde Schultze Rhonhof mit dem Freiheitspreis der Stiftung „Demokratie und Marktwirtschaft“-München und dem Couragepreis des „Verbandes der privaten Wohnungswirtschaft“-Hannover, 2012 mit dem Kulturpreis der Landsmannschaft für freie Publizistik ausgezeichnet. Gerd Schultze-Rhonhof ist verheiratet, hat drei verheiratete Töchter und neun Enkelinnen und Enkel, und er lebt in Haldensleben bei Magdeburg.

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