StartFeuilletonThailand: Lichtblick in Fernost mit Schattenseiten, Teil 2

Thailand: Lichtblick in Fernost mit Schattenseiten, Teil 2

  • Eindrücke nach vier Wochen Aufenthalt wegen einer Hochzeit
  • Der Buddhismus prägt das Land und hemmt es gleichzeitig
  • Doch er gilt als friedlicher als die weltweiten Religionen
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Photo by sasint, Pixaby.

Am auffälligsten an Thailand sind die vielen buddhistischen Tempel und Klöster (Wat). Die wichtigsten sind in solche 1.-3. Klasse und viele weitere eingeteilt. Am Beispiel von Nong Wua So unserer Gastgeber mit seinen 7.500 Einwohnern: Als wir vor 15 Jahren dort waren, verfügte der Ort über zwei Tempel, einer war noch im Bau. Beim jetzigen Aufenthalt fotografierte ich vier vor Gold strotzende Tempel, zwei weitere sind im Bau. Das hat am wenigstens mit Bevölkerungswachstum zu tun. Sondern die Spenden haben solche Dimensionen, dass die Gelder in Betongold vom Feinsten angelegt werden müssen.

Was nicht verbaut werden kann, wird an der Börse angelegt. Der Buddhismus ist nicht nur ein Staat im Staate, sondern auch ein Player im Finanzsektor. Kein Tempelbesuch und kaum ein Tag vergeht, an dem nicht mit „Geldbäumen“ hantiert wird. Manchmal wird Buch geführt, wer wie viele Banknoten auf die baumähnlichen Spieße steckt. Am anderen Morgen wird über die Lautsprecheranlage im Dorf verkündet, wer wieviel für „den Mönch“ übrighatte. In den Tempeln stehen gut gesicherte „Spendendosen“. In einem war es ein Tresor mit einem Schlitz, der nur zu dritt geöffnet werden kann. Je ein Mönch hat einen speziellen Schlüssel und ein Dritter kennt den Dreh der Zahlenkombination, etwa wie in Fort Knox. Die Spenden fließen in ein Fass ohne Boden. Ich denke, dass acht Prozent des verfügbaren Geldes in die buddhistische Infrastruktur fließt. Bei uns beträgt die Kirchensteuer nur etwa ein Viertel des Volumens (8 oder 9 Prozent der Lohn- und Einkommensteuer von z.B. 25 Prozent).

Der exzessive Tempelbau erinnert an unser Mittelalter, als der gesellschaftliche Mehrwert zu einem großen Teil in Kirchenbauten, Burgen und Schlösser floss und damit die Weiterentwicklung der Gesellschaft hunderte Jahre hemmte. Denn wer Monumentalbauten errichtete, konnte nicht gleichzeitig Bewässerungsanlagen bauen und die Landwirtschaft intensivieren. Im Gegensatz zum Mittelalter, wo die Mönche ihre Klöster und Gotteshäuser auch selbst bauten, lassen die buddhistischen Mönche dies in Thailand von Bauarbeitern tun, die an anderen Stellen objektiv dringender gebraucht würden. Z.B. für den Ausbau der Wasser- und Abwasserversorgung, Regenrückhaltebecken, der Verbesserung der hygienischen Bedingungen und dem Gesundheitswesen, des Baus von Schwimmbädern als Abkühlungsbecken usw.

Auch der Bau und die Installierung von Photovoltaik tut Not – nichts für Mönche. Für den Betrieb der Klimaanlagen in fast jedem Haus werden gewaltige Strommengen benötigt. Sie ließen sich reduzieren, wenn wenigstens die Südfenster doppelt verglast wären. Die auch in neueren Häusern noch einfach verglasten Fenster werden so heiß, dass man sie nicht anfassen kann und geben die Sonne voll ins Innere der Gebäude weiter, wo die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen müssen. Würden die unzähligen Mönche Doppelglasfenster herstellen, täten sie etwas Gutes für das Diesseits. Auch an der Ausbildung von guten Handwerkern usw. mangelt es. Unsere Klöster dagegen vermittelten der Bevölkerung immerhin auch eine relativ gute Bildung. Aber seien wir ehrlich: Den unproduktiven Mönchen in Thailand entspricht bei uns die ebenfalls unproduktive Eingliederungsarmee, die sich um Migranten kümmert. So hat jedes Land seine „heiligen Kühe“.

Ist der Buddhismus wirklich nur eine Philosophie und keine Religion? Das scheint ein Irrtum zu sein. Mir kommt er als ein Geschäftsbetrieb anderer Art vor, der Scientology noch in den Schatten stellt. Nicht nur von seiner Dimension her, auch weil er Arme noch ärmer macht. Weil ich mich zu wenig mit dem Buddhismus beschäftigte und glaubte, dessen vier Wahrheiten beschränkten sich darauf, im diesseitigen Leben und in der wiedergeborenen Lebensform eine Steigerung zu erfahren, wundere ich mich jetzt, dass sich gläubig Menschen in Thailand vor allem niederwerfen was eine glückliche Figur macht. Sei sie wohlbeleibt oder grazil mit üppiger Oberweite, sitzend oder liegend, mit einem oder vielen Köpfen, am besten aber golden!

Gläubige Buddhisten zeigen sich aber nicht nur vor Statuen unterwürfig, sie werfen sich auch vor lebenden Menschen nieder, den Mönchen. Damit tue ich mich äußerst schwer, denn mein 11. Gebot lautet, „Du sollst Dich nie vor einem lebenden Menschen bücken!“ Wollte der Ur-Buddha Siddhartha Gautama vor 2566 Jahren wirklich eine solche Unterwürfigkeit? Z.B. wohnten wir einer Zeremonie bei, an der eingangs nur ca. 20 Minuten sich wiederholende Gebetsformeln zu vernehmen waren – keine schlechtere Meditation als beim Beten eines Rosenkranzes. Doch …

Dann wurden die Mönche regelrecht abgefüttert, indem ihnen auf Knien robbend reichhaltige Speisen auf Speisewägelchen zugeschoben wurden; sie entsprachen dem Buffet in einem Hotel. Zuerst kam der oberste Mönch dran, dann wurden die Wägelchen wie an einem Fließband zum nächstjüngeren oder rangniedrigeren (?) Mönch weitergeschoben, zehn von 18 des Wat waren da. Am Schluss war mehr übrig als gegessen werden konnte, denn nur einen Teil können die Mönche verzehren und in ihren Behältnissen deponieren (die sie nur bis 12 Uhr verzehren dürfen, das ist der Feierabend des Essens). Die alles spendierenden Besucher der Zeremonie mussten sich anschließen draußen selbst verköstigen. Also, unser gemeinsames Abendmahl bzw. Kommunion der Gottesdienste auf Augenhöhe liegt mit eher.

Was dem Buddhismus zugute zu halten ist: Wenn man ihn als Religion einstuft, dürfte er die friedlichste sein. Friedlicher als der benachbarte Hinduismus, wo es immer mehr Fundamentalisten gibt. Der Buddhismus ist quasi das Gegenstück zum Islam, dessen von Allah bzw. Muhammad stammende Koran selbstherrlich und rassistisch ist, Gewalt gegen Andersgläubige gebietet, die als „Ungläubige“ eingestuft werden, und Frauen mehr diskriminiert als in allen anderen Religionen zusammen. Auch ist der Buddhismus friedliebender als das Christentum, wo Orthodoxe gerade gegeneinander Krieg führen. Und evangelische und katholische Amtsträger wieder Waffen absegnen, indem sie Waffenlieferungen gutheißen und das systematische Töten im Krieg rechtfertigen. Buddhistische Mönche tragen keine Waffen und lehnen Waffengewalt in jeder Form ab.

Wer mehr über den thailändischen Buddhismus und seine Besonderheiten wissen möchte …

Buddhismus in Thailand https://de.wikipedia.org/wiki/Buddhismus_in_Thailand

Buddhismus Rangliste https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Liste_(Buddhismus)

Liste der früheren Buddhas https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Buddhas

Buddhismus in Thailand https://www.thailandaktuell.com/1397/religion-in-thailand/

Geldschwemme https://taz.de/Skandal-um-thailaendischen-Buddhisten/!5062900/

Geht den Wat langsam das Geld aus? https://www.welt-sichten.org/artikel/25551

Der Teil 3 wird sich mit dem nicht-buddhistischen Thailand beschäftigen

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1 Kommentar

  1. In Asien gab es in der Geschichte einige weltbekannte buddhistische Herrscher, die sich zum gewaltlosen Buddhismus bekannten und angeblich strenggläubig waren, jedoch in Wahrheit grausame imperialistische Eroberer und Krieger waren, die keine Gnade kannten, aber dafür sorgten, dass sich der Buddhismus in vielen Teilen Asiens verbreitete.
    (Einer der bekanntesten davon war König Ashoka).
    https://de.wikipedia.org/wiki/Ashoka

    Übrigens die Heiligen Kriege gab es auch schon unter den alten heidnischen Griechen. Die gab es nicht nur unter den Gläubigen von monotheistischen Religionen.

    Und dass die Anhänger und Gläubige von uralten heidnischen udn animistischen Natur-Religionen angeblich so viel friedlicher waren als das Christentum oder als der Islam, ist ebenfalls ein Mythos, den einige moderne staatlich bezahlte Geschichtsprofessoren verbreiten.
    Es gibt in Afrika beispielsweise immer noch einige uralte Stämme, die Angehörige von einigen der ältesten Konfessionen von Naturreligionen zählen. Und siehe da, auch die führten und führen ständig STammeskriege gegen benachbarte rivalisierende Stämme. Und dort sind auch Ritualmorde, Ehrenmorde und gewaltsame Menschenopfer unter Ihresgleichen immer noch verbreitet. AUch unter Gläubigen von animistischen Naturreligionen gab es geschichtlich betrachtet udn die gibt es teilweise auch noch heute in Afrika Hexenverfolgungen, Hexenverbrennungen und Morde aus purem Aberglauben an schmutzigen/verfluchten Menschen. Die Mythen , wonach die uralten Naturreligionen angeblich so viel friedlicher waren als die heutigen monotheistischen Konfessionen werden vor allem von anti-monotheistischen feministischen Öko-Fetischisten und Öko-Fanatikern verbreitet.

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