StartChristentum, Hoffnung und Transzendenz„Komm oh Geist der Heiligkeit, komm oh Geist des Lichtes“

„Komm oh Geist der Heiligkeit, komm oh Geist des Lichtes“

Die Ausgießung des heiligen Geistes. Tizian (1556).Venedig, Santa Maria della Salute

Viens ÉSPRIT de SAINTETÉ, viens ÉSPRIT de LUMIÈRE

Mit diesem bei den französischen Katholiken beliebten Heilig-Geist-Lied eröffnete Erzbischof Michel Aupetit vor einigen Wochen seinen Vortrag über das Leben des Kindes im Mutterleib „Die Realität des Embryos, das Staunen über das Leben von Anbeginn an“ (La réalité de l’embryon, s’émerveiller de la vie en son commencement). Die geräumige Basilika St. Bonaventura in Lyon, ein „städtisches Heiligtum“, in der er den Vortrag hielt, war bis auf den letzten Platz gefüllt.

Die Diktatur des Todes

Am Anfang der Woche schrieb Michel Aupetit wieder einen Tweet gegen die Euthanasie, einen Tweet, der massenweise aufgerufen wird, von Gegnern wie auch von vielen seiner Anhänger. Denn die Abgeordneten des französischen Parlaments eierten in den vergangenen Tagen erneut herum betreffs verschiedener Formulierungen bei dem geplanten, die Würde des Menschen verachtenden Gesetzesentwurf zur Euthanasie, den der vom Größenwahn besessene Staatspräsident als „Revolution der Menschlichkeit und Brüderlichkeit“ verkauft.

Ob Frankreich, Deutschland und andere Länder Europas wie auch Bundesstaaten der USA – Euthanasie an alten und kranken Menschen wird favorisiert, Mord am ungeborenen Kind wird hochgejubelt, während sich deutlich artikulierende Gegner der Abtreibung selbst im hohen Alter im Gefängnis landen können wie kürzlich eine 88Jährige in Tennessee (https://www.kath.net/news/84407).

Hinzu kommt die militante Durchsetzung der Genderideologie in der Gesellschaft, wo Kritiker nicht nur mundtot gemacht werden, wo manche von ihnen sogar Morddrohungen erhalten. Selbst an Schulen, wo Kinderseelen ge-stört und zer-stört werden, wird rücksichtslos, gepaart mit einer unglaublichen Dämlichkeit, diese kranke Ideologie „gelehrt“, wenn nicht gar durchgepeitscht. Vor dem Hintergrund einer falsch verstandenen oder auch bewusst irreführenden „Toleranz.“

Alles passt zusammen – passt in das diabolische Schema einer falsch proklamierten Moderne und angeblichen Humanität. Und die Demokratie steht am Abgrund. Hitler und seine einst „braune Bande“, wie mein katholischer Großvater die Nazis zu titulieren pflegte – heute grün, rot oder bunt, mitunter durchaus auch schwarz getarnt – feiern fröhliche Urständ…

Es ist die „Schwäche des Abendlandes“, von der Peter Scholl-Latour bereits vor Jahren sprach. Und damit die Schwäche des westlichen Christentums. Der nur wenige Hirten den Heiligen Schöpfer Geist überzeugend entgegenzustellen vermögen.

„Komm oh Geist der Heiligkeit“ oder „Pfingsten ist die Liebe Gottes“

Die hochaktuelle Pfingstpredigt Mgr Aupetits aus dem Jahr 2021

In seiner letzten Pfingst-Predigt als Erzbischof von Paris widmete Michel Aupetit den Sprachen, der Sprachverwirrung und der Sprache des Geistes Gottes seine Aufmerksamkeit. Es war eine Predigt, die nach wie vor wie fast alle seine Ansprachen nichts von ihrer Gültigkeit eingebüßt haben.

Der in der hebräischen Bibel beschriebenen Sprachverwirrung (Gen 11,7-9) ist die Sprachverwirrung heutiger, moderner Völker und Gesellschaften ebenbürtig. Eine Sprachverwirrung, der in großen Teilen eine Verwirrung des Geistes vorausgeht. Diesem Chaos, in sämtlichen Generationen aufscheinend, stellte Mgr Aupetit die Sprache Gottes gegenüber, eine klare Sprache, die von allen Menschen, von allen Völkern verstanden werden kann.

Schon aus seinen ersten Worten sprang seine Begeisterung für die Pfingstbotschaft über: „Ich bin immer wieder ergriffen, liebe Freunde, wenn ich von diesem großartigen Pfingstereignis lese, als auf jeden der Apostel Feuerzungen niedergingen… und die Apostel, bis dahin vor Angst gelähmt, aus dem Abendmahlssaal herauskommen und in allen Sprachen die Frohe Botschaft von Jesus und seiner Auferstehung verkünden.“

Er wäre aber nicht Michel Aupetit, wenn er nicht einen humorvollen Abstecher zu persönlichem und sogar gegenteiligem Erleben in den Fluss seiner Ansprache hineingeworfen und damit für ein Schmunzeln bei den Versammelten gesorgt hätte: „Daher frage ich mich: Warum fällt es mir, der ich den Heiligen Geist bei Taufe und Firmung empfangen habe, so schwer, mich in Rom, wo ich so oft hinfahren muss, zu verständigen und italienisch zu sprechen, das ich schon seit einem Jahr lerne…“ Seine eigene Heiterkeit war nicht zu übersehen … „Wie es dann wohl die Apostel machten, in allen Sprachen zu sprechen… ? Da frage ich mich, ob ich weniger begabt bin, als die Apostel…

Als ich darüber nachdachte“, fuhr Mgr Aupetit dann fort, „erinnerte ich mich, was beim Turmbau zu Babel geschah, wo Gott eine einzige Sprache mischte, die alle Menschen sprachen (Gen 11,1-9), mit der alle einander verstanden. Und heute, was uns heute über Pfingsten erzählt wird, da hören wir, dass die Worte der unbekannten Galiläer für jedermann verständlich sind.“

Der Erzbischof zeigte am Bild des Turmbaus zu Babel auf, dass dieser „ein Symbol des gleichen Denkens und aller totalitären Systeme“ darstellt, die „die Geschichte der Menschheit markieren. Ja, Babel bedeutet Einheit, aber es ist eine Einheit gegen Gott.“

Aupetit legte eindrücklich dar, wie Gott als Konsequenz für die Maßlosigkeit und den Hochmut der Menschen die eine Sprache, die alle verstanden, „verwirrte“ und die „Sprachen vermischte,“ sodass die Menschen einander nicht mehr verstehen konnten. Er erläuterte die Folge für den immer wiederkehrenden maßlosen Anspruch des Menschen, alle unter die eigenen Vorstellungen zu zwingen, alle gleich zu machen, den Anspruch, „eine vom Menschen künstlich geschaffene Wahrheit durchsetzen“ zu wollen, die anderen zu unterjochen und „Totalitarismen“ zu errichten. Dabei verwies er auf den aus diesen Forderungen erwachsenden, hemmungslosen Anspruch, der die ewige Versuchung der Erbsünde sei, sich den Himmel „gegen Gott“ zu erobern, ja, selbst „wie Gott sein zu wollen.“ Worte, die den Nagel der heutigen Realität exakt auf den Kopf treffen!

Doch an diesem Punkt verkündete Michel Aupetit seiner Gemeinde und Diözese Hoffnung, verkündete er die Verheißung und das Kommen des Heiligen Geistes: „Am Pfingsttag erfahren wir das Gegenteil: die Worte der Apostel, die vom Geist Gottes erfüllt sind, sind für alle verständlich. Für alle Völker, Sprachen, Kulturen. Für Juden, Parther, Meder, für die Bewohner von Mesopotamien und Kappadozien… … …“

Dann stellte Mgr Aupetit die Frage nach der Bedeutung des Apostelberichtes. Seine Antwort darauf war schlicht und schnörkellos: „Es ist aber nicht so, dass die Apostel in jeder Sprache sprechen… ihre Sprache aber wird von jedem verstanden…“ Sich an der Apostelgeschichte weiter orientierend, verwies er darauf, dass es sich nicht um eine einzige Sprache handle, sondern die Frohe Botschaft von Gott und von Jesu Auferstehung richte sich an alle Kulturen, an ihre Besonderheiten und an ihre Sprache … sie achte alle Kulturen…

„Welche Sprache aber ist das“, fragte Bischof Aupetit weiter. „Das ist ganz einfach. Es ist die Sprache der Liebe.“ Denn „der Heilige Geist, der die Liebe Gottes ist, wird allen zugänglich, die ihn willkommen heißen.“ In diesem Kontext nannte er die zahlreichen Bibelübersetzungen sowie die keinesfalls „überraschende Tatsache, dass die Bibel und das Evangelium heute in alle auf der Erde existierende Sprachen und Dialekte übersetzt werden … da sie die Liebe Gottes sind, die sich an alle richtet…

Und ihr wisst, die Liebe braucht letztlich keine Worte. Die Liebe kann auf einem Gesicht gelesen werden, die Liebe begreift man durch wohlwollende Gesten, sie berührt das härteste Herz, sie ist eine universelle Sprache.“

Michel Aupetits Aussage hatte im Jahr 2021 eine besondere Bedeutung. In einer Zeit, in der in fast allen Ländern der Erde der Befehl erging, das menschliche Antlitz zu verhüllen – was, wie wir heute wissen, „so unnötig wie ein Kropf“ war. Denn „wenn wir jemandem … begegnen wollen, schauen wir zuerst in sein Gesicht. Das Gesicht ist der Ausdruck des Menschen…“ Das waren Mgr Aupetits Worte in der Predigt zur Verklärung Christi 2020, zu Beginn des zerstörerischen Weggesperrt-Werdens.

„Pfingsten“, führte Michel Aupetit weiter aus, „ist die Liebe Gottes. Die Liebe, die nicht anders kann, als sich uns zu schenken.“ Er erinnerte die Christen in diesem Zusammenhang an die Worte Jesu, diese Liebe anderen selbst nicht zu versagen: „Niemand hat eine größere Liebe, als der, der sein Leben gibt für seine Freunde… (Joh.15,13). Also sprechen wir diese Sprache, um die Mitmenschen zu verstehen, die Sprache der Liebe, die von Gott kommt…“

Dazu genüge es, außer den sieben Gaben auch die neun Früchte des Heiligen Geistes, wie sie der Apostel Paulus nennt, zu betrachten (Gal. 5,22-23). Diese sind – Mgr Aupetit zählte sie, die ihm immer wieder wichtig sind, auch hier erneut auf: „Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Güte, Wohlwollen, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung.

Voilà, Brüder und Schwestern, es sind die Früchte, die erkennen lassen, ob wir im Geist von Pfingsten leben … Und wenn ihr diese Früchte heute mit nach Hause nehmt, dann hat sich heute Abend bei euch bereits das Paradies geöffnet…“

Homélie de Mgr Michel Aupetit – Messe de Pentecôte à St Germain l’Auxerrois – Dimanche 23 mai 2021

KTOTV, Messe de la Pentecôte à Saint-Germain l’Auxerrois, 23/05/2021

Übersetzung: Juliana Bauer

https://www.youtube.com/watch?v=LfjJrXBf6s8
Viens Ésprit de Sainteté

 

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