- betrifft nicht nur den Handel mit Russland, auch mit China
- Nicht der Krieg lässt die Preise steigen, sondern Sanktionen
- Ricardos „Komparativer Vorteil“ von Unvernunft abgelöst
Von Albrecht Künstle
Die Lebenshaltungskosten explodieren geradezu. Schuld sei der Ukrainekrieg, will man uns weismachen. Aber so wenig wie das Coronavirus die Wirtschaft schädigte – es waren rücksichtlose Maßnahmen der Regierungen – so wenig ist es jetzt der Krieg, der uns zusetzt. Es sind unsere Sanktionen gegen den Aggressor Russland, welche uns in Deutschland mehr schädigen als sie Putin weh tun. Nutznießer sind die Rohstofflieferanten, der Handel, die Banken und natürlich die Rüstungsindustrie und ihre Aktionäre. Warum die Lebensmittelpreise steigen, sei an folgendem Beispiel aufgezeigt:
Die Ukraine ist zwar ein großer Weizenproduzent und Exporteur, aber deren Welt-Anteil beträgt „nur“ 8,5 Prozent. Russlands Anteil am Weizenhandel beträgt 19,7 Prozent, noch mehr als die USA exportiert. In Russland selbst herrscht kein Krieg. Und der Weizen, der wegen der Ukraine angeblich fehlt, wird erst nach der Ernte im Spätsommer geringer ausfallen, wenn überhaupt. Wenn die Befehlskette Biden-Brüssel-Berlin allerdings neben Gas auch Weizen aus Russland boykottiert, wird klar, dass die Spekulanten an den Nahrungsmittelbörsen schon jetzt zuschlagen. Die Umverteilung von unten nach oben wird zusätzlich beflügelt – eine Ausplünderung der Bevölkerung.
Russland in einen Rüstungswettlauf zu verstricken, war schon vor dem Ukrainekrieg Ziel westlicher Politik. Die schwerfälligen Panzer der Russen waren kaum eine Bedrohung. Was sich jetzt zeigt, wenn diese mit Panzerfäusten zum Preis eines Hundertstels der Kosten eines „Stahlsargs auf Ketten“ samt Besatzung „verschrottet“ werden können. Die NATO rückte dem russischen Bären immer mehr auf den Pelz und stationierte in den Frontstaaten moderne Waffen, die Moskau in Minuten erreichen können. So mussten die russischen Konstrukteure sich ebenfalls etwas einfallen lassen. Aber das alles kostet und bindet Wirtschaftskapazität, die der Wohlstandsmehrung hinderlich ist. Man hoffte im Westen, das russische Volk würde deshalb die Kremlherren zum Teufel jagen. Aber diese Rechnung ging bisher nicht auf.
Handel Deutschlands mit Russland: 2021 wurden Waren im Wert von rund 59,8 Milliarden Euro zwischen beiden Staaten gehandelt – 34,1 % mehr als im Vorjahr. Aus der Russischen Föderation wurden Waren im Wert von 33,1 Mrd. Euro importiert und gut 26,6 Mrd. Euro exportiert (Destatis). Von diesem Handel profitierten beide Seiten, was unten begründet wird. Auch das ist den USA ein Dorn im Auge. Ebenso wie der zunehmende Handel zwischen China und Russland…
Aktuell wird versucht, auch China gegen Russland zu mobilisieren, um seinem Nachbarn im Norden den Rest zu geben. China solle die Sanktionen gegenüber Russland unterstützen, forderten ausgerechnet am 1. April die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratspräsident Michel. Bisher ließen sich die beiden Großmächte wirtschaftlich und militärisch gegenseitig in Ruhe, was jedoch nicht zu der amerikanischen „Teile und herrsche“-Strategie passt. Wenn China nicht pariere, werde auch dieses abgestraft, so die Europa-Apparatschiks. Dabei ist China ist auch unser wichtigster Handelspartner…
Handel mit China: Im Jahr 2021 wurden Waren im Wert von 245,4 Mrd. Euro zwischen Deutschland und der Volksrepublik China gehandelt. Nach Deutschland importiert wurden aus China 141,8 Milliarden Euro. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, war damit die Volksrepublik China im Jahr 2021 zum sechsten Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner. Aber was schert das die Strategen in Brüssel und Biden – viel Feind, viel Ehr?
Mit der internationalen Arbeitsteilung, der Globalisierung wurde es zwar übertrieben, weil die Transportkosten unverantwortlich niedrig waren. Aber man sollte auch die Erkenntnisse von David Ricardo vom komparativen Vorteil nicht mit Füßen treten. Was lernten die heutigen Entscheidungsträger eigentlich auf den Kaderschmieden? Die Erkenntnisse aus der Entwicklungsgeschichte? Es war nämlich vorteilhaft, dass nicht jeder Mensch autark für Essen, Kleidung und Dach über dem Kopf sorgt. Sie spezialisierten sich, der eine baute Lebensmittel an, jagte oder fischte, der andere fertigte Kleider und Schuhe und wieder andere bauten Hütten, um nicht mehr in Höhlen wohnen zu müssen.
Dieser Nutzen der Arbeitsteilung bewährte sich auch zwischen Sippen, Städten, Ländern und Erdteilen. Wir in Baden-Württemberg können zwar alles außer Hochdeutsch (Kretschmann verstehe auch ich nicht), aber besonders gut Autos bauen. Diese sind auch begehrt in Russland und sogar in China, die alles billiger nachbauen können. Im Gegenzug bekamen wir aus Russland Rohstoffe und aus China preiswerte Solarpaneele, Elektro-/Elektronikartikel, Spielzeug und viel Kleinkram, den wir erst vermissen werden, wenn es ihn nicht mehr gibt. Aber alles soll auf den Kopf gestellt werden, wofür wir einen höheren Preis zahlen werden als den Preis, den Baerbock & Co. Russland und China androhte.
Der Wahnwitz ist nicht nur ökonomischer, sondern auch ökologischer Natur, wenn nun Gas nicht mehr aus Leitungen bezogen werden soll, sondern auf eigens gebauten Schiffen und Terminals über große Entfernungen wie aus den USA und den Golfstaaten hierher transportiert werden muss. Das ist etwa so, als wenn der Minister für Wirtschaft und „Klimaschutz“ den Berlinern sagen würde, weil ihr eine blöde (rein hypothetisch gemeint) Regierende Bürgermeisterin habt, bestrafen wir diese, indem wir den Haupthahn der Wasserversorgung abdrehen, und ihr holt das Wasser dann in Eimern aus der Spree, der Ostsee oder importiert es in Flaschen aus den USA. Habeck sollte jemand erklären, dass Gas bei der Förderung in den USA oder sonstwo durch die Förderungsart, Komprimierung, den Transport in energieaufwändigen Schiffen, dem Umschlag in deutschen Häfen und Weitertransport zu den Verbrauchern um ein Vielfaches teurer und dazu umweltschädlicher ist.
Die Wirtschaftswissens- und Weltwirtschaft wird derzeit umgekrempelt. Gut wäre, wenn die Erdteile autarker würden, um den energieintensiven Transport von Waren (und Dienstleistungen) zu reduzieren, Monostrukturen und Abhängigkeiten zu verringern. Aber wie es absehbar ist, werden die US-hörigen Sanktionen, ob gewollt oder nicht, China und Russland dazu zwingen, stärker zu kooperieren. Die USA geht zulasten Europas und der Dritten Welt als Sieger der jetzigen Sanktionen bzw. des Wirtschaftskrieges und künftiger Kriege hervor. Dem Weltfrieden wird ein Bärendienst erwiesen.
Dieses Wochenende warnte Bundesfinanzminister Lindner, ein Embargo bedeute einen Wohlstandsverlust für alle. Mit anderen Worten, wir müssten den Gürtel enger schnallen. Er und die Regierung in Berlin auch? Ob sich unsere Bevölkerung auf Dauer zu Schachfiguren machen und die selbstgemachte Inflation über sich ergehen lässt? Wie sagte einst Lincoln: Man kann alle Leute für einige Zeit zum Narren halten und einige Leute für alle Zeit. Aber nicht alle Leute für alle Zeit zum Narren halten!
Den politischen Amokläufern in Berlin und Brüssel sei als Nachhilfeunterricht einfach nur Wiki empfohlen Komparativer_Kostenvorteil …
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