StartPolitik EuropaUK: Neue Regierung – und viele ungelöste Probleme

UK: Neue Regierung – und viele ungelöste Probleme

Liz Truss – die neue Premierministerin Englands. Natürlich eine Frau. Bild:
UK Government, OGL 3, via Wikimedia Commons

Ein neues perfides Albion?

Die Nachfolge von Boris Johnson steht fest: Wenig überraschend hat Liz Truss hat die Wahl gegen ihren Konkurrenten Rishi Sunak gewonnen. Sie übernimmt damit nicht nur den Vorsitz der konservativen Tory-Partei, sondern wird auch automatisch Premierministerin. Die 47-Jährige setzte sich in der Befragung unter den rund 172.000 Parteimitgliedern klar gegen Ex-Finanzminister Sunak durch: Auf Truss entfielen mehr als 81.000 Stimmen, für Sunak sprachen sich rund 60.000 Parteimitglieder aus.

Bei Wahlkampfauftritten im ganzen Land, den „Hustings“, hatten die beiden Tory-Kandidaten um Unterstützung geworben. Truss wurde von Kritikern verspottet, aber an der Parteibasis war sie – anders als bei den Unterhaus-Abgeordneten – von Anfang an die klare Favoritin. Im Wahlkampf vergrößert sie den Abstand zu Sunak beinahe täglich.

Eine „menschliche Handgranate“

Wir werden uns also an ein neues Gesicht und an eine andere Verhaltensweise an der Spitze der Regierung des Vereinigten Königreichs gewöhnen müssen. Truss zu verstehen – besser gesagt: ihren Volten zu folgen – ist nämlich nicht einfach. Zu häufig hat sie in der Vergangenheit auch in wichtigen Fragen ihre Meinung rigoros geändert, als daß man sie leichtfertig als verläßlich bezeichnen sollte.

2016 war sie zum Beispiel – wie ihr Kabinettschef David Cameron – entschieden gegen den EU-Austritt Großbritanniens und warnte vor seinen wirtschaftlichen Gefahren. Als der EU-Austritt beschlossen war, konvertierte sie umstandslos zu einer besonders entschiedenen Brexit-Hardlinerin.

„Chaos-Lady“

Skandalös finden viele schon allein die wechselvolle politische Vita von Liz Truss. Sie gilt deswegen als opportunistisch – als eine, die aus lauter Ehrgeiz ihr Fähnchen immer in den Wind hängt. Viele zweifeln an ihren politischen, manche auch an ihren intellektuellen Fähigkeiten für das Amt der Premierministerin. Boris Johnsons früherer Berater und heutiger Erzfeind Dominic Cummings nannte Truss zu seiner Zeit in Downing Street eine „menschliche Handgranate“. Sie habe das als Kompliment aufgefaßt, er habe damit aber sagen wollen, daß sie regelmäßig Chaos anrichte, anstatt ihre Aufgaben zu erledigen.

Auch Äußerungen aus ihrer Zeit als Spitzenvertreterin des Finanzministeriums (zwischen 2017 und 2019) zur Arbeitsmoral bringen Truss heute in Verlegenheit. In einer am 16. August d.J. von der Zeitung „The Guardian“ veröffentlichten Tonaufnahme hört man die frühere Aussage von Truss, britischen Arbeitern würden „Fertigkeit und Eifer“ fehlen. „Mentalität und Einstellung“ britischer Arbeiter seien mitverantwortlich für die relativ niedrige Produktivität des Landes. Britische Arbeiter müßten „mehr schuften“. Aus dem Umfeld von Truss hieß es nach Veröffentlichung der Tonaufnahme, die Bemerkungen seien „ein halbes Jahrzehnt alt“ und es fehle „Kontext“.

Ins Unterhaus wurde sie erstmals 2010 gewählt, ihr Wahlkreis ist South West Norfolk. 2012 holte David Cameron sie als Unterstaatssekretärin in sein Kabinett. Unter Cameron und Theresa May war sie Ministerin, Boris Johnson diente sie als Handels-, Frauen- und aktuell als Außenministerin. Zuletzt wurde ihr zusätzlich die Aufgabe übertragen, die Beziehungen zur EU zu koordinieren – im Wesentlichen bedeutet das aber nur, den Streit über das Nordirland-Protokoll zu lösen. Der Erfolg läßt auf sich warten.

Truss selbst präsentierte sich demgegenüber als „Kandidatin des Volkes“. Sie bemühte sich, als klare, mutige und entschiedene Kandidatin zu wirken, als jemand, der – Seitenhieb gegen ihren innerparteilichen Konkurrenten Sunak – „nicht nur redet, sondern handelt“.

Auch unter Truss stehen die britischen Konservativen weiterhin vor der Frage, ob sie ihren populistischen Kurs der vergangenen Jahre fortsetzen wollen. Die Fraktion im Unterhaus gilt als eher pragmatisch, wohingegen die Tory-Basis als sehr konservativ gilt. Liz Truss steht  nach Einschätzung von Experten nicht für einen Neuanfang. Sie gab sich in den letzten Jahren als harte Befürworterin des Brexit und will Boris Johnsons Politik im Wesentlichen fortsetzen – von der Abkehr vom Nordirland-Protokoll bis zur Abschiebung von Flüchtlingen nach Ruanda.

Wichtigstes Thema im parteiinternen Wahlkampf war die Finanzpolitik. In diesem Punkt versprach Truss „Härte“: Sie versprach den Bürgern, die Steuern sofort zu senken. Wie sie das finanzieren will, ist allerdings nicht klar. Und das zu klären, dürfte ihre erste Bewährungsprobe sein.

Die aktuelle Lage der „Tories“ dürfte dabei für sie wenig hilfreich sein: Die konservative Partei gilt als sehr gespalten. Als Partei des Brexits gebe es zwei unterschiedliche Strömungen in der Partei. Die eine Hälfte der „Brexiteers“ stehe für niedrigere Steuern, weniger Regulierung und mehr freien Markt. Sie wolle Großbritannien in ein „Singapur in der Nordsee“ verwandeln. Die andere Hälfte sei protektionistisch, eher isolationistisch und plädiere für ein England, welches sich gegen den Rest der Welt abschottet.

Zudem müssen sich Truss und die Tories sehr bald auf eine erkennbare Politiklinie einigen; denn es ist derzeit keinerlei Lösung für die großen Probleme wie den Brexit, das Nordirland-Protokoll oder die wirtschaftliche Situation im Land zu erkennen. Sich jetzt von Johnson zu distanzieren – die Gefahr besteht durchaus – ist keine Lösung. In Bezug auf das Nordirland-Protokoll hinterläßt Johnson nämlich eine verfahrene Situation. Johnson hatte das Thema ohne Not ideologisiert, sodaß ein Nachgeben in dem Sinne interpretiert werden könnte, daß  Großbritannien damit erneut zum „Vasallenstaat der EU“ werde. Damit würde aber aus dem „Schaden Johnson“ ein Trümmerhaufen angerichtet.

Erschwerend kommt hinzu, daß Johnson keines seiner Wahlversprechen von 2019 eingelöst hat, was auch der Tory-Partei angekreidet wird. Damals hatte Johnson versprochen, den Norden des Landes zu stärken und daß durch den Brexit alles besser würde. Beides ist nicht eingetreten.

Liz Truss übernimmt also nicht nur ein schweres Erbe, sondern sie wird neue Akzente, neue Schwerpunkt setzen müssen – und das auch in ihrer konservativen Partei. Die Frage aber ist offen, ob die Tories zu ihrem ehemaligen Status als großer Volkspartei zurückfinde. Ob Truss die Offenheit, die Klarheit und die nötige Zuverlässigkeit dazu hat, muß sie erst noch beweisen. Jedenfalls muß sich EU-Europa weiterhin darauf einstellen, daß die britische Regierung eher für Schwierigkeiten denn für Gemeinsamkeiten steht.

Kommentarregeln: Bitte keine beleidigenden oder strafbaren Äußerungen. Seid nett zueinander. Das Leben ist hart genug.

12 Kommentare

  1. Gute Analyse, lieber Peter.

    Inwieweit die ‘Conservative’ Party noch konservativ ist, ist doch sehr die Frage. Schon bei ‘BoJo’ war das mir das zweifelhaft, wo der doch schon bereitwillig auf den E-U ‘Green desaster Plan’ aufsprang mit Verbot von Gasheizungen (wie soll das in UK laufen?), und und und ….

    Und was Truss angeht — Let me say it this way: ‘I don’t trust Truss’

    • N.B. wobei sich freilich die Frage stellt, ob Sunak mit seinen Verstrickungen zur WEF Mafia und Schwab wirklich eine bessere Wahl gewesen wäre – m.E. ohnehin die Wahl zwischen Pest und Cholera.

  2. Wie kann man da von ,,Konservaiv” schreiben, diese Frau ist die totale Katastrophe, sie ist noch eine schlimmere Globalistenmarionette als Johnson und sie holt gleich die Atomwaffen raus und schmeiß alle weißen Männer aus dem Parlament und besetzt die Posten mit blöden Weibern.
    Nicht nur in Deutschland wird der Alptraum immer größer. Aber England hat schon seit Jahrhunderten mit den Rothschilds einen Pakt geschlossen.

  3. Truss ist krass !

    Bei einem Treffen – als sie noch Außenminister-Darstellerin war – mit Lawrow, erklärte sie diesem, es sei in keinem Fall akzeptabel, dass Russland die Herrschaft über Rostow am Don habe.
    Dabei handelt es sich jedoch bekanntlich um eine urrussische Stadt !
    Erst als ein Berater dazwischen ging und sie aufklärte, ließ sie von diesem Unsinn ab.

    Sie plädiert außerdem dafür, in direkte militärische Konfrontation mit Russland einzutreten !!

    https://zuerst.de/2022/09/06/grossbritanniens-harakiri-premierministerin-liz-truss-will-krieg-mit-russland-so-bald-als-moeglich/

    Eine Verrückte, eine Übergeschnappte, eine Gemeingefährliche ! Schlimmer noch als Baerbock, und das will was heißen.

    Bei dieser Tussi muss man mit allem rechnen, nur nicht mit etwas Gutem.

  4. Die erste Frage die sich mir in bezug auf Konservative stellt ist:
    “Wie hällst Du es mit dem Islam? ”

    englisches Wikipedia (Auszug)

    Demographics
    Muslim population of England and WalesYear Pop. ±%

    1961 50,000 —
    1971 226,000 +352.0%
    1981 553,000 +144.7%
    1991 950,000 +71.8%
    2001 1,600,000 +68.4%
    2011 2,706,066 +69.1%
    2017 3,372,996[53] +24.6%
    [51][52][citation needed]

    The Muslim population of England and Wales has grown consistently since World War II. Sophie Gilliat-Ray attributes the recent growth to “recent immigration, the higher than average birth rate, some conversion to Islam

    https://en.wikipedia.org/wiki/Islam_in_the_United_Kingdom

    ..!!

    • “Wie hällst Du es mit dem Islam? ”
      Besser:
      “Wie hältst Du es mit der Einwanderung?”
      Die Tories sind laut Carl Benjamin (Lotuseaters, Sargon of Akkad) jedenfalls nicht willens, diese zu stoppen.

    • Lieber Semenchkare,

      die crazy Brits sind kulturell längst abgesoffen. Großbritannien gibt es vielleicht noch im “Völkerrecht” (mal den Holzbock fragen), aber real längst nicht mehr.
      Man muss sich das Geschehen dort wirklich live vor Ort ansehen. Das ist wie Babylon im Quadrat plus Kalkutta hoch vier.
      Da gibt es vom konservativsten Konservativen nichts mehr zu retten, selbst wenn er diese Absicht wirklich hätte. Aber auch bei den crazy Brits gibt es längst keine echten Konservativen mehr. Alles Schall und Rauch.
      Fazit: Ein “royales” Kalifat mit Atombomben.

Kommentarfunktion ist geschlossen.