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Der Rosenstrauß und die Kerze

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In einem wunderschönen und weise regierten Königreich lebte einst ein

wohlhabender Gutsherr mit seiner Familie. Er war gut und gerecht zu

allen Menschen und behandelte auch seine Tiere liebevoll. Mit viel Fleiß

und voller Respekt vor der Natur hatte er seine Felder und Wiesen

bestellt und die fruchtbare Erde hatte ihn zu einem reichen, zufriedenen

und auch dankbaren Mann gemacht. Als nun die Zeit gekommen war sich zur

Ruhe zu setzen, rief er in der Frühe seine beiden Söhne zu sich und

sagte: „Einer von euch beiden soll mein Erbe sein und mein Werk

fortsetzen. Zuvor müßt ihr jedoch eine Aufgabe erfüllen. Ihr bekommt

jeder einen Raum von gleicher Größe und fünf Silbertaler. Diesen Raum

sollt ihr füllen, womit, bleibt euch überlassen. Das könnt ihr selbst

entscheiden. Ich gebe euch einen ganzen Tag Zeit für diese Aufgabe.

Heute abend werde ich dann entscheiden, wer mein Nachfolger sein soll.“

Die Begeisterung der beiden Söhne hielt sich in Grenzen. Heinrich, der

ältere Sohn, drehte sich um und machte sich kopfschüttelnd auf den Weg.

„Was soll das nun wieder? So eine verrückte Schnapsidee“, sagte er zu

sich. „Was kann ich für nur fünf Taler kaufen, um einen Raum damit zu

füllen?“  Heinrich ärgerte sich, denn er war mit einem hübschen Mädchen

aus dem Nachbardorf verabredet. Statt dessen lief er nun ziellos umher,

um die Aufgabe seines Vaters zu erfüllen. Es war schon um die

Mittagszeit, als er an einem Maisfeld vorbei kam, auf dem der Bauer und

sein Knecht mit der Erntearbeit beschäftigt waren. Am Rand des Feldes

standen zwei Ochsenkarren mit großen Fuhren Maisstroh zum Abtransport

bereit. Heinrich bat den Bauern, ihm das Stroh für fünf Silbertaler zu

verkaufen und es zum Haus seines Vaters zu fahren. Der Bauer willigte

natürlich sofort ein und so füllte Heinrich seinen Raum mit dürrem

Maisstroh. Dann lief er zu seinem Vater und sagte: „Ich habe deine

Aufgabe erfüllt. Du kannst mich zu deinem Erben machen. Auf meinen

jüngeren Bruder brauchen wir nicht mehr zu warten.“ Der Vater sah

Heinrich streng an. „Nein! Der Tag ist noch nicht vorüber. Wir warten

auf die Rückkehr deines Bruders, so wie es vereinbart war.“

Nun, Ulrich, dem jüngeren Sohn, erging es nicht viel besser. Auch er tat

sich schwer mit der Aufgabe, die er erfüllen sollte. Es war schon

Nachmittag, als er im Nachbardorf an einem prachtvollen Bauerngarten

vorbei kam, in dem vier herrliche Rosensträucher blühten. Rosa, rote,

gelbe und weiße Rosen! Ulrich ging auf die Bäuerin zu, die im Garten

arbeitete. „Gute Frau“, sagte er, „bitte schneidet mir von jedem

Rosenstrauch einen Zweig ab und ich gebe euch vier Silbertaler.“  Die

Bäuerin tat, worum Ulrich sie gebeten hatte und freute sich über die

Silbertaler. Soviel Geld hatte sie schon lange nicht mehr gesehen.

Ulrich eilte nun zurück zum Haus seines Vaters, denn es wurde schon

dunkel. Unterwegs traf er einen Kerzenmacher und kaufte ihm für einen

Taler die schönste Kerze ab. Zu Hause angekommen stellte er den

prächtigen Rosenstrauß und die Kerze in seinen Raum und zündete sie an.

Sofort füllte sich der Raum bis in den kleinsten Winkel mit dem Licht

und der Wärme der Kerze und dem betörenden Duft der Rosen.

Nun erschien der Gutsherr um zu sehen, wie seine beiden Söhne die ihnen

gestellte Aufgabe gelöst hatten. Dann sagte er zu Heinrich, dem älteren

Sohn: „Du hast deinen Raum mit nutzlosem Zeug gefüllt und dafür noch

dein ganzes Geld ausgegeben. Dein Bruder aber hat seinen Raum mit dem

gefüllt, was wir alle so nötig brauchen wie das tägliche Brot, mit Licht

und Wärme, mit Schönheit und Freude. Er soll mein Nachfolger sein.“

Und so geschah es.

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Vielleicht sollten wir uns alle in der stillen Zeit des Jahres hin und

wieder fragen: Womit füllen wir unseren inneren Raum, unser Heim,

unsere Welt? Die teuflischen Mächte, die zur Zeit noch in der Welt

regieren, machen es uns schwer, unseren Raum immer mit Licht und Liebe

anzufüllen. Aber der Himmel weiß es zu schätzen, wenn wir uns wenigstens

darum bemühen.

Ein schönes und gesundes neues Jahr für alle wünscht Doris Mahlberg.

Kommentarregeln: Bitte keine beleidigenden oder strafbaren Äußerungen. Seid nett zueinander. Das Leben ist hart genug.

5 Kommentare

  1. Liebe Doris,
    danke für diese schöne und zugleich nachdenklich machende Geschichte. Ja, es stimmt, wir sollten uns auf das besinnen, das UNS bereichert und UNS gut und wohl tut.
    Und so macht die Geschichte auch Mut in diesen chaotischen Zeiten.

  2. Moin, Doris.
    Eine denkwürdige Geschichte und eine Gleichnishaftigkeit auf die Leere, die im heutigen Menschen im Allgemeinen herrscht – wie Du ja am Ende schriebst.
    Auch Dir und allen anderen ein Gutes Jahr 2023 mit ausgefüllten Seelenräumen voll Liebe und Verständnis für andere und gegenseitiger Hilfsbereitschaft

    Grüße Rolf 🙂

  3. @Doris Mahlberg,

    herzlichen Dank für den nachdenklichen Beitrag.
    Bei allem schlechten wende ich mich bewusst den schönen Augenblicken zu, die Familie, die bekannten Menschen um mich herum. Und wenn ich es will, mich für die vielen schönen Dinge zu öffnen, dann passiert etwas Guttuendes in mir.

    Wenn bei vielem die Tat vor der Hoffnung steht, dann besonders wenn es um die Achtsamkeit des eigenen Menschseins geht.

    Wie sagt man auch, ein starker Geist wohnt stets in einem starken Körper.

    Zündende Impulse kommen oft unverhofft.
    Wie gut geht es mir und meinem gegenüber, wenn ein unverhofftes Lächeln erwidert wird oder auch nur beachtet wird. Jeder fühlt sich augenblicklich besser.
    Es ist gut so wie es ist und daran zu glauben ist auch irgendwie ein Stückwerk “TAT” oder der Beginn für die “Veränderung”

    Herzliche Grüße

    Artushof

    NEC TEMERE – NEC TIMIDE

  4. Hach geschätzte Doris…
    Wenn`s denn man so einfach wäre.
    :::::::::::::::::::

    „Das ist im Prinzip die komplette Verachtung unseres Staates“

    Stand: 19:54 Uhr
    Dauer 1 Min

    Nach den Krawallen der Silvesternacht war Neuköllns Bezirksstadtrat Falko Liecke (CDU) mit WELT-Reporterin Fanny Juschten unterwegs, um sich ein Bild der Zerstörungen zu machen. Das Interview wird von einem Vermummten unterbrochen, der die palästinensische Flagge zeigt.

    https://www.welt.de/politik/deutschland/video243028695/Neukoelln-Stoerung-im-Interview-von-Bezirksstadtrat-Liecke-mit-WELT-Reporterin.html

    video

    • “”Wenn`s denn man so einfach wäre.””

      Lieber Semenchkare, es ist nicht einfach. Nichts von Bedeutung ist einfach. Der derzeitige desaströse Zustand unseres Landes zeigt, wohin es führt, wenn man es sich zu einfach und bequem macht, wenn man nicht gewillt ist, für die Zukunft seiner Kinder und die Werte seines Heimatlandes zu kämpfen. Das Gleichnis der beiden Brüder Heinrich und Ulrich ist eine Anregung genau hinzusehen, womit man “seinen Raum bzw. sein Heimatland” füllt.

      Alles Gute ……………….

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