Die Kinderbeichte – Geistlicher Machtmissbrauch?
Teil 1
Die Beiträge zum Missbrauch durch Geistliche, welche katholische Blogs und Journale publizieren, reißen nicht ab. Neuere Beiträge, die jene über den sexuellen Missbrauch ergänzen, nehmen auch den geistlichen (spirituellen) Missbrauch in den Blick, den kürzlich eine Regensburger Theologieprofessorin thematisierte (https://www.katholisch.de/artikel/43397-theologin-leimgruber-spiritueller-machtmissbrauch-ist-drastisch). Es ist ein weiteres übles Phänomen, das auch der französische Bischof George Pontier im vergangenen Jahr in einer Predigt in Saint-Germain-l’Auxerrois in Paris benannte (siehe Journée mémorielle pour les victimes de violences et agressions sexuelles et d’abus de pouvoir et de conscience au sein de l’Église: Gedenktag für die Opfer von Gewalt, sexueller Aggression sowie von Macht- und Gewissensmissbrauch in der Kirche, 20.März 2022). Ein Phänomen, das „uralt“ ist. Ein Phänomen, das sich vielseitig zeigte – und zeigt.
„Lasst die Kinder zu mir kommen … denn ihnen gehört das Reich Gottes“
Aus dem umfassenden Themenspektrum, das ich etwas beleuchten möchte, greife ich für meinen ersten Beitrag die Beichte für Kinder heraus. Das Beichtgebot für Kinder zählt zu den mittelalterlichen Verordnungen in der katholischen Kirche. Bereits zu Beginn des 13.Jahrhunderts formulierte das Laterankonzil (1215) die Verpflichtung zu jährlicher Beichte und Teilnahme an der Kommunion für jeden Gläubigen ab dem „kanonischen Unterscheidungsalter.“ Dieses gab man mit dem siebten Lebensjahr an. Dennoch bürgerte sich die Erstkommunion für Kinder über eine lange Zeit ab einem späteren Lebensalter ein. Vor etwas mehr als 100 Jahren setzte dann Papst Pius X. das Alter für die Erstkommunionauf sieben Jahre herab; im Zuge dessen legte er die Beichte bzw. das „Bußsakrament“, was in enger Verbindung mit der Eucharistie betrachtet wurde, ebenfalls für die Kinder ab sieben Jahren fest.
Mit Blick auf die Beichtverpflichtung würde ich auf jeden Fall ein höheres Alter für die Erstkommunion empfehlen. Wird jedoch an dem Alter ab sieben Jahren festgehalten (die meisten Kinder sind acht oder neun Jahre alt), so ist eben zu berücksichtigen, dass hier Kinder vor einem stehen – Kinder und keine Jugendlichen oder gar Erwachsene, die für ihr Tun voll verantwortlich sind.
Es ist für mich völlig unverständlich, dass an der Kinderbeichte nach wie vor festgehalten wird und kein noch so Kinder küssender Papst, kein Bischof, kein Pfarrer auf die Idee kommt, einmal die Worte Jesu über die Kinder genauer zu lesen.
„Lasst die Kinder zu mir kommen… denn ihnen gehört das Reich Gottes.“
Die aus dem Matthäusevangelium zitierten Worte Jesu ergänzen die Evangelisten Markus und Lukas um den folgenden eindeutigen Satz:
„Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“
(Mk 10,15; Lk 18,17. Siehe auch: Mt 19,14; Mk 10,13-16; Lk 18,15-17).
Jesu Worte spotten dem Beicht-Gebot für Kinder.
Den Kindern gehört Gottes Reich. Lange, bevor wir, die Erwachsenen Zugang dazu haben. Denn zuerst müssen wir es annehmen „wie ein Kind.“ Wie ein Kind! So die Worte Jesu, die für Christen ausschlaggebend sind.
Den Kindern gehört Gottes Reich.
Auch ohne „kanonisches Unterscheidungsalter.“ Auch ohne ihr „Bekenntnis“ ihrer „ach so schweren Fehler und Sünden.“ Auch ohne das „Tilgen“ der sogenannten Erbsünde, deren Vorstellung der Kirchenlehrer Augustinus ausgefeilt entwickelte. Aber nicht Jesus Christus!
Selbst wenn die Kinder heute oft in liebevoller Weise zur Beichte hingeführt werden, bleibt dieses Gebot ein Gebot. Eine Verpflichtung vor der Erstkommunion. Letztlich doch ein Zwang. Von vielen Kindern daher nach wie vor ungeliebt
„Vor der ersten Kommunion müssen Kinder beichten lernen.“
Diesen Satz las ich einmal vor wenigen Jahren bei einer katholischen Gemeinde. Ein Satz, der, wenn er das entsprechende Verhalten nach sich zieht, dieses von den Kindern in der Folge meist abgelehnt wird. Die dann letztlich zur Beichte überredet werden müssen. Oder doch gezwungen? Wie meine Generation?
Und da beginnt mitunter die Gratwanderung zum geistlich-seelischen Missbrauch. Jedenfalls zu einer seelischen Bedrängnis. Die in dem Augenblick anfängt, wenn im religiösen Leben auf einen Menschen, vor allem auf ein Kind, Zwang ausgeübt wird. Daher beantworte ich die Frage, die die Theologin Leimgruber im oben angeführten Artikel stellt, mit „Ja“, wenn sie fragt: „Was ist etwa mit der Pflichtbeichte vor der Erstkommunion? Wenn die Kinder das nicht wollen – wird da schon ihre spirituelle Selbstbestimmung verletzt?” (s.o.) Wobei ich nicht die „Selbstbestimmung“ hervorheben möchte, sondern die Tatsache, dass hier häufig, wie ich oben formulierte, eine Bedrängnis vorliegt. Eine Bedrängnis, die dem Kind zu schaffen machen kann.
„Vor der ersten Kommunion müssen Kinder beichten lernen.“
Sagt wer? Wer?
Pfarrer, Bischöfe, Päpste, die selbst keine Kinder haben? Übereifrige Eltern, die ihre eigene „Frömmigkeit“ überbieten? Wer eine solche Behauptung aufstellt, kennt die Worte Jesu über die Kinder nicht.
Nun gibt es Empfehlungen zur Kinderbeichte, den Schwerpunkt nicht auf das „Beichten der Sünden“, der Fehler, des Falsch-Verhaltens allein zu legen – auf das Falsch-Verhalten, das ein Kind auch mit den Eltern, den Freunden klären kann, wo es lernen kann, um Entschuldigung bzw. um Verzeihung zu bitten (s.u.). Der Schwerpunkt wird auf die Hinwendung zu Gott gelegt, darauf, dass das Kind Gott alles sagen und vor ihn bringen kann, was ihm „schwer auf dem Herzen liegt.“ Auch das, was es falsch machte. Eine Vermittlung, die für ein Kind ganz wichtig ist und zu einer positiven Erfahrung führen wird. Hier erhält das „Beichten“ einen gewissen Sinn. Dann kann es einerseits zum „Sakrament der Barmherzigkeit“ werden, wie ich es in einer Anleitung zur Kinderbeichte aus dem Bistum Eichstätt las. Andererseits kann man sich fragen, inwieweit man das dann als Beichten bezeichnet.
Es stellt sich also nach wie vor die grundsätzliche Frage: Warum „…müssen Kinder … vor der ersten Kommunion … beichten lernen“? Warum drehen Eltern, Pfarrer, Seelsorgehelfer endlose Piouretten, um „kreative Wege“ zu finden, „um Kindern und Familien die Beichte näherzubringen“? Um sie vor allem den Kindern schmackhaft zu machen?
Eine Verpflichtung näher zu bringen, schmackhaft zu machen, die im religiösen Leben des Kindes ein Gebot und letztlich doch ein Zwang bleibt. Ein Gebot, das einer Reihe von Kindern nicht „schmeckt.“
Ein Gebot, das Jesus von Nazareth tadeln würde.
Das er mit Sicherheit als heuchlerisch tadeln würde. So wie die Schriftgelehrten, von denen er sagte: „Sie binden aber schwere und unerträgliche Bürden und legen sie den Menschen auf die Schulter…“ (Mt 23,4). So, wie er seine Jünger tadelte, als sie die Kinder von ihm fernhalten wollten.
Die Beichte für Kinder bleibt angesichts der Aussage Jesu zweifelhaft, fragwürdig und steht im Widerspruch zu ihr und seiner Haltung Kindern gegenüber.
Es gibt eine einfache Lösung für das „Problem Kinderbeichte.“ Man muss nur die Worte Jesu lesen. Die da lauten – um sie nochmals zu wiederholen:
„Wer das Reich Gottes nicht annimmt wie ein KIND, der wird nicht hineinkommen.“
An diesen Worten gibt es nichts herumzudeuteln. Sie sind klar.
Jesus von Nazareth stellt den Erwachsenen die Kinder als Vorbild hin. Als VORBILD. Auch den Schriftgelehrten, den Theologen… Und diese verlangen von den Kindern eine Beichte. Ich frage mich, ob ihnen eigentlich die Absurdität ihres Gebotes bewusst ist.
Eine zusätzliche Anmerkung am Rande, die ich allerdings ungern mache. Aber ich mache sie: das Gebot der Kinderbeichte entschieden, wie viele andere Gebote auch, Männer. Allein Männer…!
Es gibt in dieser Frage nur eine Entscheidung – die BEICHTE für KINDER abzuschaffen.
Einer weiteren Tatsache sollten sich die Herren Theologen bewusstwerden: Die Sündenvergebung, von der Jesus spricht und an der die Kirche die Beichte, das Bekennen der Schuld, festmacht, richtet sich an die Erwachsenen:
„Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen, und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten“ (Joh.20.23).
Beichten-Müssen: eine Last vor der Freude
Für viele meiner Generation war das Beichten-Gehen-Müssen vor dem Weißen Sonntag eine Tortur. Eine große Last vor der Freude der ersten Kommunion. Eine Last, die uns im Grunde die Vorfreude auf „unseren großen Tag“ nahm, auf den „großen Tag mit Christus.“
Es war in gewisser Weise vergleichbar mit dem Besuch des Nikolaus in der Woche zwischen dem 1. und 2. Advent. Der vor den Geschenken, mit denen er sich dann als großherzig erweisen wollte, die Kinder zuerst einmal demütigte. Sie mit der Auflistung ihres „Ungezogen-Seins“, ihres „Böse-Seins“ demütigte. Ich erinnere mich daran, dass dieser anstehende „Besuch“ mir jedes Jahr ab dem 1. Advent wie ein schwerer Stein auf meiner Seele lastete, der mir den 1. Advent verdarb, auf den ich mich immer so sehr freute. Und dass ich immer erst „nach dem Nikolaus“ eine ungetrübte Freude in der Adventszeit als Vorfreude auf das Weihnachtsfest erleben konnte (gegen Ende jener Schauspiel-Periode widersetzte ich mich, inzwischen älter und wissend geworden, diesem dämlichen Pseudo-Nikolaus und seinen Demütigungen massiv).
So empfand ich auch, wie übrigens viele andere Kinder, das Beichten-Gehen-Müssen als eine Demütigung. Das Entblößen der kindlichen Seele vor dem Herrn Pfarrer oder dem Herrn Vikar. Auch wenn sich, wie in meinem Fall, der „Herr Stadtpfarrer“ im Beichtstuhl menschlich und verständnisvoll zeigte. Der nie nach bestimmten „Sünden“ fragte; der sich zufrieden gab mit dem, was man von selbst bereit war, zu sagen. Der dann sogar in fast liebevollem Ton meinte: „Ist recht. Nun hast du alles gesagt und alles ist wieder in Ordnung.“
Was ich selbst allerdings nicht immer so empfand. Denn ich zählte beileibe nicht alle „meine Sünden“ auf. Ich nannte nämlich jene kindlichen „Sünden“ nicht, die mich genierten. Vor allem beim „Herrn Stadtpfarrer“ genierten wie auch bei jedem anderen Pfarrer. Und bei einem Mann überhaupt. Dinge, die nur meinen Spielfreund aus Kindergartentagen und mich etwas angingen… Dinge, die aber besonders „fromme“ Erwachsene und nicht wenige Kleriker in der Regel als „furchtbare Schuld“ ahnden wollten… Diese Dinge ließ man unter den Tisch fallen. Trotz des penetranten Einhämmerns der „Kommunion-Pfarrer“, dass man „alles beichten“ müsse, denn „ansonsten ist die Beichte ungültig“ (was übrigens nicht wenigen Kindern egal war. Wichtig war, dass man „diese Beichterei“ hinter sich brachte). Trotz des penetranten Beichtspiegels für Kinder der 60iger Jahre, der offenbar bei manchen Gemeinden stellenweise eine Neuauflage erfährt (s.u.).
Immerhin wird dort, soweit ich sehe, auf das Nennen der großen Kindersünde verzichtet und damit auf das berühmte 6.Gebot. Mit dem die ach so „unkeuschen“ und „verdorbenen“ Kinder meiner Zeit, „unkeusch im Denken, Reden und Tun“, häufig ganz schalu gemacht, mitunter auch in die Enge getrieben wurden. Ähnlich wie die Eheleute, die sich liebten. Hier setzte der seelisch-geistliche Missbrauch, vor allem aber die seelisch-geistliche Bedrängnis zweifellos an.
„Bessern – Beichten – Büßen“ – ein Kinderbeichtspiegel des 21. Jahrhunderts
Der erwähnte Beichtspiegel, auf den ich im Netz stieß – ein aktueller „Beichtspiegel für Grundschulkinder“ aus einer „Pfarreiengemeinschaft“ der Diözese Augsburg, lässt einen die Haare zu Berge stehen (http://www.pfarreiengemeinschaft-weiler.de/finder4fun/upload/files/Beichtspiegel%20f%C3%BCr%20Kinder_Grundschule.pdf).
Ich glaubte, teilweise vor meinem alten Kinder-Beichtspiegel zu sitzen: „Bessern – Beichten – Büßen.“ Büßen (Bußgebete)!
Was soll ein Kind denn büßen? Ein Kind, von Jesus als Vorbild hingestellt! Welch eine Absurdität!
Unter „Besinnen“ stehen die „Gewissensfragen.“ Z.B. das Verhältnis zu Gott betreffend: „…habe ich Jesus verleugnet?“ Ein Kind?
Oder: „Bin ich (im Gottesdienst) mit den Gedanken gern woanders gewesen?“ Was für ein Vergehen…!
Einzig das Verhalten anderen gegenüber wurde großenteils an der Realität eines Grundschulkindes ausgerichtet. Insgesamt hinterlässt dieser Beichtspiegel jedoch, der sich in seiner ganzen Aufmachung und religiösen Fragestellung nicht kindgerecht darstellt, einen bitteren Nachgeschmack. Mein Fazit: sehr viel änderte sich hier offenbar nicht nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil.
Ein Verhaltenskodex ohne Beichte
Mit Hinführung zu Gottes Liebe
Meine Nichte, evangelisch getauft und konfirmiert, zeigte mir als Achtjährige einmal ein Brieflein, das sie für eine Schulfreundin geschrieben hatte. „Libe Anja“, stand da, ich muss mich bei dir entschuldiken.“ Dann folgten ein paar umständliche Sätze, dass es ihr leid tue, dass sie mit Anja gestritten habe und ihr böse Sachen sagte. Sie wolle das jetzt aber nicht mehr tun und wolle nett zu ihr sein. Was auch klappte, wie mir meine Nichte später erzählte.
Um meiner Nichte und ihrem Bruder die Nähe und Zuwendung Gottes zu vermitteln, brachten sie ihre Eltern regelmäßig in den Kindergottesdienst und die Kinderbibelstunde. Wohin sie mit Begeisterung gingen, während ihre Eltern am Gottesdienst für Erwachsene teilnahmen.
An dieser Stelle sei zu erwähnen, dass wir katholischen Kinder in der Grundschule immer die evangelischen sehr beneideten: sie konnten ungezwungen in ihren Kindergottesdienst und mussten zu keiner Beichte gehen. Und – wir beneideten sie noch aus einem anderen Grund: sie hatten Pfarrer, die selbst Kinder hatten (ich ging z.B. gerne zum Geburtstag von Pfarrerskindern in die herrlich großen Pfarrhäuser. Damit konnten die Katholiken halt nicht dienen, dafür umso mehr mit Ratschkatteln in den Pfarrküchen…).
Kinderbeichte…
Alles in allem kostete das Beichten-Gehen-Müssen für die Kinder meiner Generation immer erneut eine schreckliche Überwindung, blieb es für die Seele eines Kindes letztlich eine Tortur, eine Demütigung. Und hinter dem Herrn Pfarrer im Beichtstuhl konnte ich Gott bzw. Jesus nicht wirklich entdecken. Ich fühlte mich Gott immer viel näher, wenn ich alleine betete.
Auch waren viele Beichtväter nicht wie der „Herr Stadtpfarrer.“ Es gab auch solche, vor allem unter den jungen Kaplänen, die sich über die „Sünden-Listen“ der Kinder amüsierten, die im Vorfeld der Beichte den Kindern, wenn sie ihnen z.B. vor der Kirchentür begegneten, mitunter das Gefühl gaben, sie nicht wirklich ernst zu nehmen, was die Kinder natürlich verletzte und ihnen ein Stück Vertrauen nahm. Oder es gab zu meiner Kinderzeit auch die „Unwürden“, die große „Strenge walten“ ließen und Kinder wie Straffällige behandelten.
In der italienischen Gemeinde in Freiburg, die ich während meiner Freiburger Jahre frequentierte, meinte einmal ein italienischer Vater zu solchen Erlebnisberichten unverblümt und italienisch-derb, aber herzerfrischend: „… che se ne vadano a fanculo questi tipi di preti…“ (Schauen Sie das selbst im Wörterbuch nach…!) Dem ihm sein Pfarrer, dem das Drangsalieren seiner Italiener fernlag, belustigt beipflichtete.
Ein Nachwort
An dieser Stelle noch ein Wort:
Schaue ich mir heute die „Sexual-Pädagogik“, die sexuelle Manipulation von Kindern und Jugendlichen an nicht wenigen Schulen an, schaue ich mir vor allem die zerstörerische Trans-Gender-Indoktrinierung der Kinder und Heranwachsenden an, so gehört die kirchliche Fokussierung auf das 6.Gebot im Vergleich dazu zu den „peanuts.“ Sie war eine seelische Bedrängnis ja, eine Bedrängnis, die uns zusetzte, oft stark zusetzte. Eine Bedrängnis, gewachsen aus einer falschen, auch kranken und unnatürlichen Sicht auf Sexualität. Doch allmählich steckten wir Kinder sie weg, auch ich.
Anders verhielt es sich, wenn ein Priester pervers war und das Beichten schamlos, ja gnadenlos ausnutzte. Wenn er Kinder, wie wir aus vielen Berichten wissen, missbrauchte; wenn er anfing, sie seelisch-geistlich gezielt zu bedrängen und dieser Bedrängnis den furchtbaren, sexuellen Missbrauch folgen ließ.
Ein solches, die Seele eines Kindes, eines Jugendlichen schädigendes, zerstörerisches Verhalten kann in keiner Weise hingenommen werden. Ebensowenig kann jedoch die fehlgeleitete, manipulative, junge Menschen zerstörende „Sexual-Pädagogik“ hingenommen werden. Ich frage mich, wie lange sich die Mehrheit der Eltern sich diese noch bieten lassen. Wie lange es noch dauert, bis sich unsere Bischöfe und Seel-Sorger dieser entgegenstellen.
Ja, es beruht vieles auf theologischer Trickserei. Auch die ganzen Erklärungen zum Pflicht-Zölibat z. B. Der Machterhalt war in der Kirche immer wichtig – er widerspricht jedoch der Botschaft Jesu.
Und – Frau Mahlberg – ich hatte auch sehr strenge Regeln zu befolgen. Meine Eltern waren streng-katholisch, da ging vieles auch mit Gewalt u. Druck. Wobei wir dem Glauben zugetan waren, meine Brüder u. ich. Doch der Druck zu Dingen wie Beichten-Gehen-Müssen war massiv da. Als ich mit 16 nicht zur Oster-Beichte ging, redete mein Vater 6 Wochen lang kein Wort mehr mit mir.
Im Alter wurden meine Eltern viel liberaler.
Zum Glück gab es bei uns im Haus auch die liberale evangelische Großmutter, die manche Überstrenge etwas abfederte.
Franziskus schränkt Alte Messe weiter ein
Papst Franziskus hat mit einem Dekret engere Grenzen für das Abhalten der Alten Messe in lateinischer Sprache gesetzt. Die Entscheidung trifft vor allem Traditionalisten, für die die Messe hohe Symbolkraft hat.
https://www.tagesschau.de/ausland/kirche-franziskus-latein-messe-101.html
Sehr geehrte Frau Dr. Bauer, das ist ein sehr guter Artikel und erinnert mich an meine Kindheit in einem “katholischen” Elternhaus. Meine Oma mütterlicherseits war katholischer als der Pabst und auch ich mußte jeden Samstag zur Beichte gehen. Auf dem Weg zur Kirche habe ich mich immer gefragt, was ich dem Pfarrer sagen soll. Es war immer dieselbe Leier : Ich habe mich mit meiner Schwester gezankt, ich habe meiner Mutter nicht gehorcht, ich habe im Nachbargarten einen Apfel geklaut, ich habe dies getan oder jenes nicht getan, und so weiter. Dann wurde noch ein Vaterunser zur Buße heruntergemurmelt und dann nichts wie weg. Ein Mal habe ich die Beichte geschwänzt und mich lieber mit meiner Freundin getroffen. Als das aufkam, habe ich eine Tracht Prügel bekommen, drei Tage Hausarrest und die Drohung, ich hätte eine Todsünde begangen und würde irgendwann für immer in der Hölle brennen.
Ich glaube, die ganze Machtstruktur der katholischen Kirche beruhte und beruht bis heute auf zwei Dingen : Angst und Schuld ! Aber Gott sei Dank bin ich ein Widder-Kind, das noch nie besonders gehorsam war, wenn es darum ging, sich irgendeinem Unfug unterzuordnen. Ich habe mich schon immer gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung aufgelehnt. Leicht war das nicht, aber es gab für mich nie einen anderen Weg. Nach meinem 14. Geburtstag habe ich meiner Mutter klipp und klar zu verstehen gegeben, daß ich fortan selbst entscheiden wollte, ob ich was zu beichten hätte oder nicht.
Was mir etwas fehlt, bzw. nur kurz angesprochen wird ist, dass die Doktrin der Institution Kirche nur mit theologischer Trickserei aus der Bibel hergeleitet werden kann. Viele Doktrine der Kirchen sind m.A. nur darauf begruendet, dass sie die Macht der Kirchen erhalten, vergroessern, verteidigen, indem sie einen Keil zwischen Leute treiben, die sich mit der grundlegenden Philosophie des Christentums identifizieren koennen, aber ueber oft mittelalterliche Regeln, Gebraeuche und Sitten unterschiedlicher Ansicht sind.
Die Beichte an sich finde ich nicht generell abstossend. Man kann sie auch fuer sich selbst vollziehen, wenn man einmal pro Woche darueber reflektiert, was man fuer einen Mist gebaut hat, und daran herrscht ja idR. kein Mangel. Man darf anzweifeln, ob man mit 6.7.8 Jahren zu solch einer philosophischen Leistung ueberhaupt in der Lage ist. Aber hier spreche ich als ‘gelernter’ Protestant, der die Dinge zwischen sich und seinem Gott ausmacht, ohne dass er einen katholischen Mittelsmann braucht.
Es gibt eine uralte kulturelle Transformation vom Kind zum Jugendlichen, zum Erwachsenen. Dessen hat sich die Kirche habhaft gemacht, bzw, sie uebernommen. Solch ein Uebergang muss auch nicht unbedingt nur ein Freudenfest sein, sondern kann durchaus unangenehm wirken. Wenn man das nicht tut, bekommt man eben Klimahuepfer und sonstige Klimakinder, die glauben tun zu koennen, was sie wollen und keine Verantwortung uebernehmen koennen und wollen, bzw. diese anderen zuschieben.
Piaget beschreibt die erste Transformation vom selbstzentrierten Kleinkind zum sozialisierten Kind im Alter von ca. 5-7 Jahren, den Eintritt in die Pubertaet um die 12-14 Jahre und den Eintritt ins Erwachsensein zwischen 16 und ca. 23 (wenn das Hirn voll ausgewachsen ist). Zur Sozialisierung ab ca. 6 Jahren gehoert auch, dass man die kulturellen Normen lernt und seine Verstoesse dagegen einsieht. Allerdings ist es grundfalsch, ueber Sex mit Kindern zu reden, die noch nicht in der Puebertaet sind, weil sie es noch gar nicht verstehen koennen, und durch religioesen Unfug, genauso wie durch den Genderunfug nur verwirrt werden.