StartChristentum, Hoffnung und Transzendenz„Unser Leib ist wunderbar. …

„Unser Leib ist wunderbar. …

… aber nicht, weil wir wie Hengste durchskulpturiert wären …“, sondern „weil in Jesus Gott selbst in unserem menschlichen Leib wohnte…“

Predigtworte von Mgr Michel Aupetit zu Mariä Himmelfahrt

Mariä Himmelfahrt (Antwerpen). Peter Paul Rubens (1626).

Nach wie vor bekunden unzählige Gläubige unter den Videos von Mgr Aupetit, unter den neuen sowie den vielen älteren, ihren ehemaligen Erzbischof, sein Charisma, seine Zuwendung zu den Menschen und seine „wunderbaren, tröstenden und spirituell bereichernden Predigten so sehr“ zu „vermissen.“ Daher möchte ich die noch immer aktuelle Predigt, die Michel Aupetit am Festtag der Aufnahme Mariens in den Himmel in Lourdes 2021 hielt, eine Predigt, die nach wie vor zahlreiche bewegende Kommentare hinterlässt, zum heutigen Mariä-Himmelfahrts-Tag vorstellen.

Sie war eine Predigt, in die er wieder seine ganze Tiefe und Glaubenskraft hineinlegte, die er aber auch, wie so häufig, mit seiner unverwechselbar-ausdrucksstarken Lebensnähe paarte – einer Fähigkeit, die nur wenigen Predigern gegeben ist.

„Maria wird mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen“

„Die Heilige Jungfrau wird mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. Das ist unser Glaube, den wir heute feierlich begehen. Welch eine Gnade!“

Mgr. Aupetit verwies auf die ganzheitliche Nähe Mariens zu Gott, dem sie nicht nur mit ihrer Seele, sondern ebenso mit ihrem Leib ganz nahe sei; er verwies darüber hinaus auf ihren göttlich gewordenen Leib. „Wie ist dieses große Geheimnis zu verstehen?“ fragte er dann und unternahm, aus jeweils einer seiner Pfingst- und Osterpredigten einige Gedanken aufgreifend, einen kleinen Exkurs durch das Verständnis der Seele (3.Sonntag in der Osterzeit – Homélie de Mgr. Michel Aupetit, Messe du 3e dimanche de Pâques 2021 und Pfingstsonntag – Homélie de Mgr. Michel Aupetit, dimanche 31 mai 2020 à St Germain l’Auxerrois).

Im Vergleich mit der Vorstellung der Griechen und der Römer, die die Seele als Lebensprinzip verstanden, das „in allen Lebewesen existiert: in den Pflanzen, den Tieren, den Menschen und diese ordnet“, stellte Bischof Aupetit den Glauben der Hebräer heraus, für die die Seele das Lebendige des Menschen verkörpere, das „aus dem Atem Gottes kommt und mit dem Leib unverbrüchlich verbunden ist, wie wir im Buch Genesis lesen (Gen. 2, 7). Gott haucht seinen Atem in die Nase des Menschen, sodass er ein lebendes Wesen wird.

Wir glauben, dass der Mensch eine geistige Seele hat, nicht nur, um das Lebensprinzip zu ordnen…, sondern eine geistige Seele, die, direkt von Gott erschaffen, offen ist für Gott, fähig, ihn zu erkennen, ihn zu betrachten, mit ihm in Beziehung zu treten. Diese Seele kehrt im Augenblick des leiblichen Todes zu Gott zurück.“

Unser Leib – von Gott geschaffen, von Christus angenommen

Im Folgenden widmete Michel Aupetit seine Betrachtung explizit dem Leib, um mit diesen Gedanken zur Mutter Jesu zurückzukehren. „Wir haben es oft schwer mit unserem Körper, diesem fleischlichen Körper, und doch … Dieser Leib ist wunderbar. Er ist aber nicht wunderbar, weil wir wie Hengste durchskulpturiert wären…, weil wir vielleicht tolle Brustmuskeln haben oder stählerne Bauchmuskeln, gebräunt wie Schokolade (Anm.: im Deutschen würde man eher den Kaffeevergleich bevorzugen und von kaffeebraun sprechen) oder herrliche Mannequins sind, plastisch einwandfrei geformt, wie wir sie auf Hochglanzpapier unserer Magazine dargestellt finden…

Nein, nein!

Unser Leib ist wundervoll, weil das Wort Fleisch wurde, weil in Jesus Gott selbst in unserem menschlichen Leib wohnte.

Deshalb ist unser Leib großartig, wunderbar. Jesus kam, um diesen Leib anzunehmen, er wurde ganz Mensch. Er nahm diesen Leib mit seinen Grenzen an, mit seinen Schwächen, seinen Leiden, und selbst mit seinem Tod, um ihn in der Herrlichkeit seiner Auferstehung zu verklären.

Unser Leib ermöglicht die Beziehung zueinander

Wir glauben daher auch, dass unser Leib, der uns ermöglicht, in Beziehung zueinander zu treten, auferstehen wird… Wir sahen in der letzten Zeit (während der massiven Corona-Einschränkungen) …, dass die virtuelle Präsenz nicht genügt.“

Dann ging Mgr Aupetit auf die damaligen großen Probleme ein und stellte diesen die Begegnungen in Lourdes gegenüber, die Begegnungen von etwa 9000 Menschen. Begegnungen, die den Beschränkungen letztlich trotzten: „Hier in Lourdes leben wir etwas Besonderes, wir haben uns hier alle zusammengefunden, Junge und Alte, Kranke, Behinderte, Gesunde, alle sind wir zusammen. Wir sind hier präsent, so wie unser Herr in der Eucharistie gegenwärtig ist… Und wir respektieren uns gegenseitig…, nicht aber die (vorgeschriebenen) Barrieren (les gestes barrières), denn die Barrieren sind schrecklich… wir respektieren zwar die gesundheitlichen Richtlinien (les gestes sanitaires; Anm.: die in Lourdes im Sommer 2021 auf das absolute Minimum heruntergefahren waren), aber das ist ein wenig etwas anderes…“

Bei den damaligen, von der französischen Regierung erlassenen Vorgaben wurde zwischen den beiden Begriffen inhaltlich nicht unterschieden, wohl unterschied jedoch Bischof Aupetit. Ihm ging es trotz einschränkenden, gesundheitlichen Richtlinien unmissverständlich um die Frage nach dem Menschen, der Zuwendung zum Mit-Menschen, nicht um starre, über den Menschen hinweggehende Reglementierungen – Reglementierungen, die nicht nur in Frankreich während der Corona-Beschränkungen bei vielen Menschen jegliches zwischenmenschliche, brüderliche Miteinander stark beeinträchtigten oder gar zerstörten. Eine Realität, deren furchtbare Ausuferungen Mgr. Aupetit in Predigten und Tweets damals häufig anprangerte.

Wir sind hier“, fuhr er fort, „in Beziehung zueinander, dazu ist unser Leib berufen. Von dem wir glauben, dass er auferstehen wird wie der Leib, den Jesus, der Sohn Gottes, angenommen hat. Unser Leib ist nicht dazu bestimmt, in einem Krematorium endgültig in Rauch aufzugehen oder von Würmern zerfressen zu werden.

Die Wunden und Grenzen unseres Leibes – eine „Ouvertüre für eine noch größere Liebe“

Unser Leib, der unser Leben getragen hat, der Ausdruck unseres Lebens war, unserer ganzen Person, ist dazu berufen, sich der Gemeinschaft der Liebe in Gott anzuschließen, das heißt der Dreifaltigkeit, dort… wo Jesus, das menschgewordene Wort, seit seiner Himmelfahrt zur Rechten des Vaters gegenwärtig ist.

Unser Leib, verletzt, verwundet. Verwundet durch die Sünde, durch Krankheit, durch das Alter, wird durch die göttliche Liebe verklärt werden. Jede unserer Wunden, alle unsere Grenzen, jede unserer Falten präsentiert sich wie eine Ouvertüre für eine noch größere Liebe. Das ist die frohe Botschaft.“

Eine Botschaft, die Michel Aupetit anschließend zunächst in der Beschreibung der Verletzlichkeit Mariens hervorhob, ihrer Verletzlichkeit, die sie angesichts der Wunden, des Leidens, des „durchbohrten Herzens“ und des Todes ihres Sohnes erfuhr …, letztlich aber im Geschenk des „Außergewöhnlichen“, der „Zärtlichkeit Mariens“, … die „uns heute so viel Gnade schenkt.“ Er verwies auf ihre Liebe, die alles gebe und in der sie sich mit Leib und Seele ganz von Gott annehmen ließ. Und deshalb mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde.

Maria, die Zukunft des Menschen

Daher sei Maria unsere Zukunft – ein Gedanke, den Bischof Aupetit aus einer früheren Marienpredigt wiederholte. „… Wenn Christus wiederkommt, werden wir wie Maria mit Leib und Seele bei Gott sein… Deshalb ist Maria die Zukunft des Menschen… ihr Aufgenommen-Werden in den Himmel …verwirklicht … unsere Berufung: den anderen zu lieben und sich lieben zu lassen … zu lieben, was viel tiefer ist, als das Böse, die Sünde und der Tod…

Maria ist unser Weg…
In der Tat heißt sie Gottes Wort willkommen… Vor allem aber antwortet sie mit ihrer ganzen Liebe… Wir müssen es wie sie tun“, rief Michel Aupetit in die versammelte Menschenmenge. Auf Gottes Anruf antworten, der uns aus Liebe erschaffen habe, uns Menschen, deren Berufung die Liebe sei.

Diese Liebe sei es auch, „die Maria zu Elisabeth, ihrer Kusine, drängt… Diese schlichte Nächstenliebe, die ihr auch hilft, über die Fragen, die ihre eigene Schwangerschaft aufwirft, hinauszugehen, um sich in den Dienst des Nächsten zu stellen… Diese Liebe, wie sie ihr Jesus schenkt und … sie lieben lässt, wie Gott selbst…

Diese Liebe strahlt, verbreitet sich, ist ansteckend.“

In diesem Zusammenhang rief Mgr Aupetit eindringlich den zahlreich versammelten Frauen und Männern, den Jungen und Mädchen zu: „Ihr müsst Missionare der Liebe und der Freude sein… und das nicht nur in Lourdes, sondern überall da, wo ihr seid…“ Und hielt ihnen die ansteckende Lebensfreude als Gegenmittel zur krankmachenden Ansteckung entgegen:

„Ihr müsst überall diese brüderliche Liebe hintragen…diese Freude, die man auf euren Gesichtern sieht, trotz der Masken. Das ist ansteckend.“ (Anm.: in Lourdes waren keine FFP2-Masken vorgeschrieben, die Pilger trugen vielfach einfache Baumwollmasken).

Bischof Aupetit beendete seine Predigt mit dem Beginn des Magnificat, wiederholte das „Ja“ Mariens zu Gott, ein Ja, in dem sich ihre Liebe und ihre Freude spiegle und ihren Ausdruck in ihrem Lobgesang finde: „Deshalb jubelt Maria im Magnificat Meine Seele erhebt den Herrn und mein Geist jubelt in Gott meinem Retter …“

Solennité de l’Assomption: Homélie de Mgr Michel Aupetit. KTO TV (Lourdes, 15 août 2021)

Homélie de Mgr Michel Aupetit – Messe de l’Assomption de la Sainte Vierge Marie, Sanctuaire de Lourdes – 15 août 2021. Homélies – Diocèse de Paris.

Übersetzung der Predigtauszüge unter besonderer Berücksichtigung des gesprochenen Worts: Dr. Juliana Bauer

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