Deutsche müssen alles geben – zur Vergebung ihrer großen Schuld
Die Renaissance des Deutschen hat noch nicht einmal begonnen
Von Maria Schneider
Der Kaspar, der war kerngesund,
Ein dicker Bub und kugelrund,
Er hatte Backen rot und frisch;
Die Suppe aß er hübsch bei Tisch.
Doch einmal fing er an zu schrei’n:
„Ich esse keine Suppe! Nein!
Ich esse meine Suppe nicht!
Nein, meine Suppe ess’ ich nicht! (Heinrich Hoffmann)
Wie so viele Dinge fing die ewige Schuld der Deutschen recht harmlos an. Wer erinnert sich nicht daran, wie er als kleines Kind vor einem Teller lauwarmer Pampe saß und gebetsmühlenartig gesagt bekam: „Iss schön auf, in Afrika verhungern die kleinen Kinder.“
Pflichtbewußt schaufelte der arme kleine Tropf die mittlerweile kalten Brocken in sich herein und so manch einer legte dabei die Grundlage für gestörtes Essverhalten, Übergewicht, Diabetes und satte Gewinne für die allseits beliebte Pharmaindustrie.
Sind durch das Verputzen unerwünschter Zusatzkalorien weniger afrikanische Kinder verhungert?
Ging es ihnen magischerweise wegen eines leeren Tellers besser?
Bekam die afrikanische Frau weniger Kinder?
Wurde sie wegen eines leeren Tellers zu einem späteren Zeitpunkt genitalverstümmelt oder zwangsverheiratet?
Hat die emotionale Erpressung satter, deutscher Kleinkinder 16-jährige Afrikanerinnen davon abgebracht, mit 16 schwanger zu werden, um ihrem zukünftigen Partner zu beweisen, dass bei ihnen „alles funktioniert“ und sie in der Lage sind, seine eitle Potenz mit einer stets hungrigen Kinderschar zu befriedigen?
Wäre es nicht sinnvoller gewesen, Oma vom Hungern im Krieg erzählen zu lassen? Vom Kartoffelklau auf dem Acker? Von hartherzigen und barmherzigen Bauern? Von einem kostbaren Hühnerei als Ostergeschenk?
Was hätte das Kind bei solchen Geschichten gefühlt? Vielleicht Schmerz und Trauer, sicherlich auch Mitgefühl mit seiner engen Verwandten? Vielleicht hätte das Kind gelernt, das Alter mit seiner Lebenserfahrung zu achten. Vielleicht wären die dünnen Bande zwischen deutschen Generationen etwas gekittet worden, statt sie zugunsten künstlicher Bande mit Fremden weiterhin zu verschleißen.
Zwar aßen die Großeltern der Nachkriegsgeneration ihrerseits den Teller auch leer – allerdings aus gänzlich anderen Gründen: Echte Erfahrung von Hunger und Not. „Essen für den Hunger, der kommt“.
Statt einer abstrakten, schwer fassbaren Schuld für unbekannte Kinder in einem weit entfernten Land wie Afrika, wäre Verständnis und eine noch engere Bindung an die Großeltern und mehr Verantwortung für die einige Familie gewachsen, der man aktiv helfen kann. Viel schwieriger und häufig auch sinnloser ist es, sich für das Schicksal fremder Familien in fernen Ländern einzusetzen, die durchaus die nicht angeforderte Hilfe annehmen, jedoch keinerlei Veranlassung sehen, die Ursachen ihres Elends zu ändern.
Wächst das Kind als Jugendlicher heran, so kommen weitere Schuld- und Erpressungsmethoden hinzu. Gottesdienste und Spendensammlungen für Kinder in Afrika, Syrien, Bangladesch und sonstige, entlegenste Orte der Welt, auf die man als normaler, mitfühlender Jugendlicher keinerlei Einfluss hat und sich somit nicht nur schuldig, sondern auch noch ohnmächtig angesichts der überbordenden Ungerechtigkeit der Welt fühlt.
Eine Art Lähmung tritt ein. Wenn es den anderen so schlecht geht, darf es mir dann gut gehen? Darf ich dann meiner Oma helfen? Hat es das Kind im fernen Afrika nicht nötiger?
Diese Schuld wird tagtäglich vervielfacht, dringt in junge Hirne ein, setzt sich in Synapsen fest, schafft Schallplattenrillen in Dauerschleife und lastet wie eine Grabplatte auf den jungen Schultern und mittlerweile über unserem ganzen Land:
- Unsere Erbschuld an Sklaverei, Kolonialismus und Zweitem Weltkrieg
- Berichte über die Ausbeutung armer Länder durch unsere internationalen Konzerne
- über böse weiße Polizisten, die engelhafte, schwarze, drogensüchtige Hühnen ersticken
- über widerwärtige, alte, weiße Männer, die jungen, sensiblen Migrantinnen Komplimente über ihre Schönheit machen, um ihr Zuspätkommen zu überspielen
- über muskulöse, gestählte junge Afrikaner, die wegen unseres weißen Privilegs keine Perspektiven in ihren überbevölkerten und heruntergewirtschafteten Ländern haben
- über junge schwarze Frauen, deren Eltern aus dem afrikanischen Busch hierherkamen, und nun wegen unserer Straßennamen zutiefst traumatisiert sind
- über ganze Familienverbünde aus Palästina, Jordanien, Irak und Pakistan, die vorher in einem Holzverschlag lebten und eine schlichte, deutsche Sozialwohnung als Zumutung ablehnen
- über niedliche, nepalesische Mädchen, die gemeinerweise abgeschoben wurden, weil ihr Vater – der doch nur ein besseres Leben wollte – sich den Aufenthalt durch Lügen und Betrügen erschlichen hat
Die Schuld ist allgegenwärtig und hat sich in Filmen, Büchern, Bildern, Werbung, Schulen, Universitäten und Stolpersteinen wie ein Krebsgeschwür festgefressen.
Wir sitzen hypnotisiert wie ein Kaninchen vor der Schlange. Unsere Kinder sind richtungslos. Unsere Eltern taumeln durch Schuldlabyrinthe und haben ihren Weg verloren. Unsere kriegsschuldigen, umweltverschmutzenden Großeltern haben ihre Daseinsberechtigung ohnehin schon lange verloren. Sie sind Fremde für unsere Jugend. Die jahrzehntelange Propaganda hat das Band zwischen den Generationen zerstört. Denn durch den Zweiten Weltkrieg sind unsere Großeltern schuld an unserem Elend, am Elend der Welt, am Elend der perspektivlosen, jungen Männer aus Afrika und aus Arabien.
Deren Not und Entbehrung wiegt somit tausend Mal schwerer als der Hunger unserer Großeltern im Krieg und der Millionen vergewaltigten deutschen Frauen nach dem Krieg. Viel schwerer als die Not der Millionen verhungerten deutschen Männer in den Rheinwiesen und ungleich schwerer als die Not Millionen deutscher Familien, die aus jahrhundertealten, ostdeutschen Siedlungsgebieten vertrieben wurden.
Ja, wir Deutschen sind sehr böse. Es muss so sein, denn das sagen uns die Medien jeden Tag. Unser Leid ist nichts im Vergleich zum Leid benachteiligter junger afrikanischer und arabischer Männer, die hierhergebracht wurden, um zu bleiben.
Und dennoch geht es uns noch immer viel zu gut – so jeden Tag Herr Kleber – denn die meisten unserer Teller sind noch voll. Das allein ist Grund genug, junge, deutsche Frauen U-Bahn-Treppen herunterzutreten, sie in Bahnhöfen zu umzingeln und zu begrapschen; sie zu betäuben und über Stunden von 10 traumatisierten Flüchtlingen vergewaltigen zu lassen. Selbst das ist nichts im Vergleich zu der sexuellen Not und Entrechtung, die junge arabische Männer in ihren Ländern und hier in Asylheimen erdulden müssen.
Schlimmer als Vergewaltigungen durch Rotten junger, arabischer Männer, die es einfach nicht besser wissen, sind – so wird uns seit metoo eingeredet – alte, deutsche Politiker, die einer jungen Journalistin Komplimente über ein Dirndldekolletee machen. Geradezu verwerflich sind Zurechtweisungen durch einen deutschen Feuerwehrmann. Kein Wunder, dass der verängstigte Migrant ihn mit einem Faustschlag niederstrecken mußte, zumal er – wie er aussagte – nicht wissen konnte, dass ein Faustschlag einen Menschen töten kann.
Tag für Tag hören wir es, bis unsere Ohren bluten: Man darf diesen unbedarften, jungen Männern ihren Zorn, ihre Messerangriffe, ihre Grapschereien und die Vergewaltigungen unserer Frauen nicht verübeln.
Schließlich geht es ihnen nur deshalb so schlecht, weil es uns so gut geht. Weil wir unseren Teller nicht leer gegessen haben, weil wir nicht genug gespendet haben, weil unsere Großeltern im Krieg waren.
Verhungernde afrikanische Kinder, Überschwemmungen in Bangladesch, die Vertreibung der Hereros, die Unterdrückung der Uiguren in China und die Massenmigration der traumatisierten Buben aus Afrika und Arabien wurden mithin unmittelbar durch unsere Suppenkaspar und Großeltern verursacht. Der Deutsche ist schuld am Elend der Welt und muss dafür büßen.
Es ist deshalb nicht nur das gute, sondern auch das in Pakten verbriefte Recht eines jeden Afrikaners und Arabers, ja sogar eines jeden nichtweißen Menschens, von weißen Deutschen alles zur Vergeltung ihrer Sünden zu fordern: Ihre Besitztümer, ihre Töchter, ihr Land und letztlich auch ihr Leben. Es scheint, dass Satisfaktion erst dann erreicht sein wird, wenn der letzte Deutsche vom Angesicht der Erde getilgt sein wird. Das größte Verbrechen aller Zeiten – so sagt man uns – ist heute, weiß und deutsch zu sein. Denn nur dann lassen sich die fortgesetzte Ausplünderung unseres Landes, die Demütigung der deutschen Männer durch Vergewaltigung ihrer Frauen und das Leben auf unsere Kosten rechtfertigen.
Noch ist jedoch nicht aller Tage Abend. Noch leben wir. Noch gibt es Zusammenhalt und noch ist dies das Land der Deutschen. Und je mehr der Krieg gegen uns zunimmt, je mehr die Grabplatte bricht, je fader die Propaganda schmeckt, je öder die englischen Popsongs klingen, je härter die Messer gewetzt werden und je höher die Opfer sich stapeln, desto stärker erinnern sich unsere Zellen daran, wer wir einmal waren und noch immer sind.
Ja, das letzte Wort ist noch lange nicht gesprochen. Denn die Renaissance des Deutschen hat noch nicht einmal richtig begonnen.
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