StartChristentum, Hoffnung und Transzendenz„Denn meine Augen haben das Heil gesehen“

„Denn meine Augen haben das Heil gesehen“

Mariä Lichtmeß – Das nachweihnachtliche Fest des Lichtes


Wachsstöckl waren ein beliebtes Geschenk für Namenstage oder zur Mitnahme bei Wallfahrten, erzeugt von Wachsziehern der Firma Kastner in Bad Leonfelden, Oberösterreich, EU. Creative Commons über Wikipedia. Bild: Naturpuur.

„Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein LICHT, das die Völker erleuchtet, und Herrlichkeit für dein Volk Israel“ (Lk 2,29-31).

Jedes Mal, wenn ich diese Worte lese, bin ich gänsehautartig berührt. Sie gehören zu den wunderbarsten biblischen Worten. Die Worte des betagten Simeon im Tempel von Jerusalem. Ein Lobpreis Gottes, als er das sechs Wochen alte Kind, Jesus, im Arm hält. Worte, die gläubigen Juden und gläubigen Christen gleichermaßen die Botschaft des Heils verkünden.

Das Licht, das die Völker erleuchtet, gab dem alten Festtag, mit dem nach 40 Tagen einst die Weihnachtszeit endete, der heute jedoch in seiner religiösen Bedeutung großenteils aus dem Gedächtnis vieler Christen, insbesondere in deutschen Landen, entschwunden ist, seinen traditionellen Namen. Den Namen. dem das Wort Licht immanent ist. Und das nicht nur in der deutschen Sprache.

Zur Herkunft des Festes. Seine Namen.

Nach einigen Quellen führte Papst Gelasius I. (Reg. Zeit 492-96) den Festtag in Rom ein und ersetzte damit ein römisches Sühne-, Fruchtbarkeits- und Fackelfest, das in der Spätantike zu einer sittenlosen Veranstaltung verkommen war. Doch seinen eigentlichen Ursprung hat der Festtag bereits rund 100 Jahre früher in Jerusalem. Die Jerusalemer Christen feierten die „Darstellung Jesu vor Gott“ und bezogen sich dabei auf die in der Halacha, dem jüdischen Religionsgesetz festgelegte Vorschrift, den erstgeborenen Sohn, der als Eigentum Gottes galt und „ihm übergeben“ werden musste, zum Priester in den Tempel zu bringen. Eine Vorschrift, die auch Miriam/Maria als gläubige Jüdin befolgte. Durch die symbolische Hingabe an Gott, verbunden mit einer Opfergabe als Ersatz, wurde das erstgeborene männliche Kind nach dem ersten Lebensmonat bei einem Priester „ausgelöst“ (4. Mose/Numeri 18,15-16). Die seit der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils gebräuchliche Festbezeichnung „Darstellung des Herrn“ (la présentation du Seigneur, la presentazione di Gesù al Tempio) verweist auf diesen jüdischen Glaubensakt und stellt Jesus als Hauptperson in den Mittelpunkt.

Erwähnt sei an dieser Stelle eine zweite Bezeichnung des Festes, die älter als das Wort „Lichtmeß“ ist und vor allem im Tridentinischen Kalender gebräuchlich war: Mariä Reinigung. Eine Bezeichnung, die die Mutter Jesu ins Zentrum rückte und an das zweite religiöse Gebot erinnerte, dem eine jüdische Mutter nach der Geburt ihres Kindes zur Zeit des Tempels entsprechen musste: der spirituellen Reinigung im Tempel (die körperlich-rituelle Reinigung vollzieht die Frau nach der Geburt in der Mikwe, dem rituellen Tauchbad), die wiederum mit einer Opfergabe, dem Reinigungsopfer, verknüpft wurde (3. Mose/Lev 12,2-8). In der Regel waren das ein Schaf oder, für weniger Wohlhabende, ein oder zwei Tauben.

Lichtmeß – Chandeleur – Candelora
Christus, Licht der Völker

Mit dem Namen Mariä Lichtmeß, im Mittelalter „unser frowen tag der kerzewihe“ (Unserer Frauen Tag der Kerzenweihe) genannt, steht im deutschen Kulturraum wieder die Mutter Jesu im Blickpunkt. Dieser Name bürgerte sich für Jahrhunderte ein. Er stellt aber auch die enge Verbindung her zwischen dem lukanischen Text, in dem

Christus von Simeon als Licht der Völker gepriesen wird

und den Lichterprozessionen, die vor diesem symbolischen Hintergrund, seit dem 7.Jh. an diesem Festtag in Rom üblich wurden.

Aus der Lichter-Tradition des 7. Jahrhunderts entwickelte sich schon bald eine weitere, die zu dem sich allgemein verbreitenden Namen des Festes beitrug: die Kerzenweihe, im mittelhochdeutschen Wort darauf verweisend (s.o.). Am Tag von Mariä Lichtmeß wird sowohl der kirchliche, als auch der häusliche Jahresbedarf an Kerzen, die zu verschiedenen Anlässen angezündet wurden, gesegnet, (wenn auch letzterer erheblich abnahm; der Brauch ist jedoch noch häufig in den romanischsprachigen Ländern vertreten). Aufgrund der großen Kerzennachfrage für diesen Tag wurden in Mittel- und Spätmittelalter Kerzen auf Märkten und auf Messen vertrieben, den sogen. Lichtmärkten oder Lichtmessen (Lichtmeß).

Ebenso erinnern in der französischen und der italienischen Sprache die volkstümlich-traditionellen Namen für das Fest an das Licht bzw. an die Kerzen. Dem französischen Wort chandeleur (das „Fest der Kerzen“) liegt la chandelle = das alte Wort für Kerze zugrunde, das italienische Wort la candela = die Kerze findet sich in der Festbezeichnung candelora wieder, die dem Französischen entspricht.

In vergangenen Zeiten war es vor allem in Süddeutschland und Österreich Brauch, dass die Laien nicht nur einfache, mitunter auch verzierte Kerzen an Lichtmeß zur Weihe brachten – zur Tradition gehörte vielfach auch der sogen. Wachsstock, eine spezifische, heute kaum noch gebräuchliche Kerzenform. Dieser stellt eine „sehr dünne Sonderform der Kerze dar, der als kranzförmig o. ä. zusammengewickelte Meterware im Handel war und auf speziellen Wachsstockhaltern benutzt wurde“ (Wikipedia). In der dunklen Jahreszeit wurden solche Wachsstöcke zu den Morgen- und Abendandachten mitgenommen und dort angezündet, um im Gesangbuch lesen zu können. Wachsstöcke verschenkte man zudem gerne an Bräute als sogen. Liebesgaben, an die Töchter oder auch an Dienstmägde. Diese Wachsstöcke waren feinst verziert – beliebt waren Darstellungen Marias mit Kind, Darstellungen des Jesuskindes, Herz-Jesu- und Engelfiguren, Blumen, darunter bevorzugt Rosen als Mariensymbol.

La chandeleur – Ein wissbegieriger Blick ins Nachbarland

La Chandeleur ist in Frankreich „ein Fest, bei dem das Licht in all seinen Formen geehrt wird, sowohl das Tageslicht als auch das Licht der Kerzen sowie das Licht der göttlichen Gnade“ beschreibt ein deutsch-französischer Blog („La Chandeleur“: Das Fest der Crêpes? Accent français).

Lebendige religiöse Tradition versus weltliches Brauchtum?

La chandeleur wird nach wie vor als eines der ältesten Feste der Christenheit von den Katholiken Frankreichs zelebriert. Sie besuchen die Messe und lassen dort Kerzen segnen. Zu Hause werden diese angezündet und auf die Fensterbänke gestellt.

Der Titel des oben genannten Blogs verrät jedoch noch eine besondere, in der Regel süße Leckerei, die typisch für Lichtmeß ist und an diesem Tag in nahezu allen Häusern Frankreichs gebacken und verzehrt wird: die Crêpes. Sicher ist diese alte kulinarische Tradition, die den kirchlichen Festtag abrundet, der Grund dafür, dass auch die nicht-religiösen Franzosen den 2. Februar lieben, der für sie zum „Tag der Crêpes“ wurde. Supermarktketten entwickelten daraus schon lange gezielte kommerzielle Werbeaktionen mit Massenverkäufen von Crêpes-Pfannen, den Zutaten und Rezepten für die „perfekten“ Crêpes. Selbst das Auto-Unternehmen Renault wirbt z.Z. mit dem christlichen Fest, ohne natürlich den geringsten Bezug dazu erkennen zu lassen: „Leckere Lichtmess: Crêpes zum Festtag.“

Die Crêpes sollen, wie auch die Pfannkuchen oder „Kreppchen“, die vielerorts auch in Deutschland, vor allem im Rheinland, an Lichtmeß gegessen wurden/werden, aufgrund ihrer Form und ihrer goldgelben Farbe die Sonne und die allmähliche Verlängerung der Tage versinnbildlichen. Auch will die Überlieferung wissen, dass Papst Gelasius I. am Tag des 2.Februar Biscotti an die Pilger von Rom verteilte.

Frankreich ein wenig vergleichbar, gibt es auch in Italien bestimmte Speisen zu Lichtmeß/Candelora. Man isst dort gleichfalls gerne Crêpes, in verschiedenen Variationen. Allerdings werden die herzhaften Crêpes-Gerichte bevorzugt. So die Crespelle al pistacchio mit Pistazien, Parmesan, Schinken oder die Crespelle alla fiorentina mit Ricotta und Spinat u.a. dieser Art. Doch ist Candelora in Italien kein Festtag traditioneller Speisen; diese bewahrt man sich für San Giuseppe auf, den Tag des hl. Josef.

Anmerkungen

Allgemeines

Auf das alte, bäuerliche Brauchtum sowie die Wetterregeln, die mit Lichtmeß verbunden waren, gehe ich hier nicht näher ein. Soviel nur dazu: in der Landwirtschaft hatte Lichtmeß auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Wie an Martini fand oft am Lichtmeß-Tag das „Dienstbotenwandern“ statt: an diesem Tag konnten z.B. Mägde und Knechte ihren Dienstherrn wechseln. Auch war an Lichtmeß Zahltag: die Dienstboten erhielten vom Bauern oder der Bäuerin ihren Lohn.

Erweiterter religiöser „Festtag.“ Eine Entfremdung?

Seit 27 Jahren gibt es speziell in der römisch-katholischen Kirche eine Erweiterung des Mariä-Lichtmeß-Tages hinsichtlich „katholischer“ Bedeutung: Papst Johannes Paul II. pfropfte diesem wunderschönen, über 1500 Jahre alten Fest, das alle Gläubigen ansprach, alle, das ein freudiges Fest für alle Gläubigen darstellte/darstellt, den „Tag des geweihten Lebens“ auf.

Sicherlich bewegte den zölibatsversessenen Papst die Begegnung von Jesu Eltern mit Simeon und der betagten Prophetin Hanna, die sich als Witwe im Tempel ganz in den Dienst des Gebetes stellte, zu dieser Entscheidung. Mit diesem Tag wolle die Kirche ihre Wertschätzung für die Menschen zum Ausdruck bringen, die ihr gesamtes Leben Gott widmen.

Nun bin ich nicht die Einzige, die diesen erweiterten Festtag, der Mariä Lichtmeß buchstäblich aufgenötigt wurde, befremdend findet. Zumal in den Informationen zu Lichtmeß, auf die zahlreiche Pfarreien aufmerksam machen, fast nur dieser „Geweihten-Tag“ als Schwerpunkt hervortritt. Und Lichtmeß wie nebenbei erscheint. Ein Faktum, das mir auch in den vergangenen Jahren schon auffiel.

Und mich die Frage stellen lässt, ob die Kirchenhierarchie nicht schon genug ihre ehelosen und „geweihten“ Personen würdigt und ihnen permanent einen Sonderstatus einräumt… … …

Ganz im Gegensatz zu den (gläubigen) Eheleuten und den Vätern und Müttern, die bislang mit keinem eigenen Festtag und der Würdigung ihres ehelichen sowie elterlichen Lebens geehrt werden.

Doch ohne Eheleute und Familien kann die Kirche einpacken…

Das Fest der „Darstellung des Herrn im Tempel“, das gleichzeitig ein Festtag der Mutter Jesu ist,

„Mariä Lichtmeß“, ist, um es zu wiederholen, ein Festtag für alle Christen. Mit einer tiefen Bedeutung für alle Gläubigen.

Verkündet im Lobpreis Simeons: Christus ist das Licht aller Völker.

Es wäre an der Zeit, hierauf den Schwerpunkt zu legen. Und das Fest den Menschen wieder nahe zu bringen.

Was mich jedoch freudig stimmen lässt: viele Katholiken lassen sich von Lichtmeß, von Chandeleur, von Candelora und seiner alten, ursprünglichen Bedeutung nicht entfremden.

Publikationen

https://www.google.de/search?q=wachsst%C3%B6cke+fotos&sca_esv=

Wachsstöcke. Fotos

https://www.die-bibel.de/lightbox/basisbibel/sachwort/sachwort/anzeigen/details/reinigung-nach-der-geburt-eines-kindes/
La Chandeleur: Der Tag der Crêpes
https://www.juedische-allgemeine.de/religion/80-tage-fuer-ein-maedchen/

„80 Tage für ein Mädchen“
Warum die Mutter nach der Geburt einer Tochter länger unrein ist als nach der Geburt eines Sohn, Von Rabbiner Avichai Apel, 5.April 2019. Die jüdischen Gebote der Reinheit die Geburt betreffend: „Im heutigen Alltag sind sie nicht mehr sehr präsent. Doch zur Zeit des Tempels waren sie wichtiger Bestandteil des Lebens.“

Dennoch – nach der Geburt eines Sohnes gilt eine jüdische Frau 40 Tage lang als unrein, nach der Geburt einer Tochter 80 Tage lang. Sie sucht daher die Mikwe/Mikwa auf, das rituelle Reinigungsbad.

Eine Anregung:

Die römische Kirche sollte einmal mehr das Judentum Jesu und Mariens in den Blick nehmen. Und sich den oft verzerrenden, katholischen Schleier von den Augen ziehen.

Kommentarregeln: Bitte keine beleidigenden oder strafbaren Äußerungen. Seid nett zueinander. Das Leben ist hart genug.

6 Kommentare

  1. Ja, die römisch-katholische Kirche inklusive ihrer Ganz-Frommen à la kath.net, die einzig u. allein Sexualität mit Fruchtbarkeit verbinden, sollten einmal Kapitel 1 und 2 des Buches Genesis lesen. Dort heißt es in dem einen Bericht zur Erschaffung von Mann und Frau in Gen 1,26-1,28 zwar:
    „Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich.
    Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn.
    Als Mann und Frau schuf er sie. Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde …“

    Den zweiten, gleichwertigen Bericht aber übersah die „heilige“ Kirche gerne. Mitsamt ihren super-frommen „Reinheitsaposteln.“ Dort heißt es in Gen 2,18:
    „Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.“ Eine Hilfe, eine Partnerin…
    In Gen 2,21-2,24 heißt es weiter:
    „Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf über den Menschen kommen, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch.
    Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, die Frau und führte sie dem Mann zu.
    Und der Mann/Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein / und Fleisch von meinem Fleisch. / Frau/Mensch-in soll sie heißen, / denn vom Mann/Mensch ist sie genommen.
    Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau und sie werden ein Fleisch.“

    Hier geht es eindeutig um die Liebe, das Zusammenkommen von Mann u. Frau. Ohne auch nur einmal auf die Nachkommenschaft zu sprechen zu kommen.
    Die Liebe, mit ihrer ganzen Anziehungskraft, auch mit ihrem Für-Einander-Dasein ist der eine Aspekt.
    Die Nachkommenschaft dann der zweite.
    Nur wissen wir, dass viele zölibatäre Kleriker eine krankhafte Angst vor der Ganzheit der Frau hatten/haben, d.h. vor allem vor ihrer Leiblichkeit u. Sexualität… (aber häufig auch vor der Seelenstärke mancher Frauen).

    Nicht umsonst entwickelten die ehelosen Kirchenväter im 2.Jh. das Konstrukt der immerwährenden Jungfräulichkeit Mariens, die biblische Aussage in Matthäus ignorierend: „… und Josef nahm seine Frau zu sich. Und er erkannte sie nicht, bis sie einen/ihren Sohn gebar…“ (Mt 1,24-25).
    Wussten die Kirchenväter auch nicht um den hohen Stellenwert der Ehe u. der ehelichen Liebe im Judentum? Wo gelehrt wird, dass in der Liebe zwischen Mann u. Frau Gott präsent ist.

    In den Vorstellungen dieser Kirchenmänner aber wäre Miriam/Maria eine Person zweiter Klasse geworden, wenn sie Josefs Ehefrau war. Die Frau Josefs, des Gerechten. Solch eine Dummheit! Kannten sie überhaupt die Worte des Psalms 92: „Der Gerechte wird sprossen wie ein Palmbaum, wie eine Zeder des Libanon wächst er empor. Gepflanzt im Hause des Herrn…“

    Es gibt übrigens zu dem Text aus Genesis eine wunderbare Predigt von Mgr Michel Aupetit, die er vor 5 Jahren in Notre Dame hielt. Hier einige Auszüge:
    „Die … Geschichte der Entstehung der Frau aus der Rippe Adams, die uns heute zum Schmunzeln bringen kann, wird von den jüdischen Rabbinern in einem Midrasch erklärt:
    ‚Wenn Gott die Frau aus einem Knochen des Kopfes des Manns erschaffen hätte, hätte die Frau den Mann dominiert… Wenn Gott die Frau aus einem seiner Fußknochen erschaffen hätte, hätte der Mann seine Frau verachtet… Nein, Gott hat die Frau aus einer Rippe gegenüber seines Herzens erschaffen, damit der Mann seine Frau liebe.‘
    Sie ist also von der gleichen Natur wie der Mann“, folgerte Aupetit, „weil sie ‚Bein von seinem Bein ist und Fleisch von seinem Fleisch.‘ Sie ist ihm ebenbürtig…“

    Die Rabbiner gehen im Weiteren auf den Namen ein: Isch und Ischah/ Mensch – Mensch-in. Aupetit erklärte:
    „Sie ist es, die als erste den von Gott gegebenen Namen trägt. Er, der nur Adam ist, also ein Erdiger aus Ton, wird erst durch seine Frau Isch (also Mensch). Sie ist es, die ihm den Eintritt in die Menschheit er-möglicht.

    Auch ist jeder dritte (hebräische) Buchstabe in den Namen Isch und Ischah unterschiedlich. Wenn wir diese beiden Buchstaben verbinden, erhalten wir den Anfang des Namens Gottes. Das bedeutet, dass Mann und Frau gemeinsam das Bild Gottes sind.

    Die Berufung von Mann und Frau besteht darin, in Liebe zu kommunizieren und das Bündnis nach dem Bild der trinitarischen Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu leben, die eins sind. Mann und Frau sind zwei, die einander lieben. Sie sind eins, weil sie einander lieben.“

  2. Völlig richtig.
    In der Westkirche ist der primäre Ehezweck lt. Katechismus die Zeugung von Nachwuchs – etwas völlig Naturalistisches, wie kann das ein Sakrament sein? Insofern hätte Luther Recht: “Die Ehe ist ein weltlich Ding”.
    In der Ostkirche ist die Zeugung von Nachwuchs ein sekundärer Ehezweck, der primäre ist, einander zum Himmel zu führen. Daher auch die Krönung.

  3. Was den Unterschied 40 u. 80 Tage der rituellen Unreinheit betrifft, Herr Rhau – hänge wohl mit dem gesamten Zyklus der Frau zusammen. Ein Rabbi erklärte das u.a. so: “die Dauer der Gestaltung eines männlichen und eines weiblichen Embryos” sei “entscheidend.” Das ist m. M. nach alles Griffelspitzerei. Was Jesus ja auch ablehnte.
    Ja, im alten Judentum war die Frau – so sehe ich das auch – ein Mensch 2.Klasse, auch wenn die Juden das bestreiten. Das sieht man auch eindeutig an den damaligen Scheidungsgesetzen. Es gab sicher einzelne Frauen, die eine besondere Stellung innehatten. Einzelne.

    “Gottgeweihtes” Leben u. Ehelosigkeit sind i. d. Bibel, insbesondere im NT, sicher präsent u. waren bereits im frühen Christentum eine lebendige Realität. Das ist auch in Ordnung. Ich kenne ja auch Menschen, integre u. natürliche Menschen, die das leben. Doch ist der “Tag des geweihten Lebens” an Lichtmeß nicht post-konziliar, sondern die spezifische Idee des polnischen Papstes. Die natürlich auch ganz im Sinne Benedikts war u. vom jetzigen Papst mit einer eigenen Messe im Petersdom gefeiert wird.
    Was mich diesbezüglich massiv stört, ist das, was ich i. d. Anmerkungen schrieb: dass die Eheleute immer leer ausgehen. Wo ist der Tag der Eheleute? Wann gibt es eine Festmesse zu Ehren der Eheleute? Auch wenn Papst Franziskus u. einige Bischöfe noch so sehr die eheliche Liebe betonen, sie ist u. bleibt i. d. lat. Kirche letztlich das 5.Rad am Wagen.
    Es ist f. mich, seit meinen Jugendjahren, unerträglich, wenn ich immer wieder höre, wenn z.B. eine “geweihte Jungfrau” vollmundig erklärt, dass sie “ganz”, dass sie “komplett Christus angehöre.” Und das bei jeder Gelegenheit betont u. damit hervorhebt, dass die Ehelosigkeit u. die “Weihe” eben doch das Größere sind (wollen die “Bräute Christi” -eine Idee, die nicht auf Jesus zurückgeht, denn er sprach vom Himmelreich – nicht wieder einen Vorhaut-Ring tragen wie die “Heilige” aus Siena???).
    Und im letzten Jahr unterstrich der Bischof von Augsburg, dass die Priester u. die Ordensleute die Säulen der Kirche seien. Nein, mailte ich ihm, auch die Eheleute u. Familien u. die engagierten Nicht-Geweihten sind eure Säulen. Ohne die Eheleute z.B. u. die Familien könnt ihr nach Hause gehen… Und eure Kirchentüren schließen…
    Warum ist dann die Ehe überhaupt ein Sakrament? Jedenfalls sehe ich sie nicht gleichwertig neben der Ehelosigkeit in dieser lat. Kirche, in der die zölibatären Hierarchen auch nach wie vor ihre Macht hüten.
    Schon der Ritus der Weihe von “Jungfrauen” u. Priestern steht über der kath. Eheschließung. Bei letzterer gibt es zwar einen Trausegen, früher, Brautsegen, aber keine Weihe der Eheleute an Christus. Die man nach dem Eheversprechen, nach dem gegenseitigen Sich-Spenden des “Sakramentes”, vollziehen könnte.
    Wo bleibt sie, die Weihe an Christus? Sind nicht auch gläubige Eheleute Christus verbunden? Gemeinsam Christus verbunden! Natürlich beten sie nicht nur… Sondern lieben sich, auch körperlich. Aber in diesem Moment gehört man wohl nicht Christus…???
    Jedenfalls zählten diese Fragen nach Ehe u. Ehelosigkeit zu den Hauptgründen, die mich von der kath. Kirche entfernt haben (dennoch übersetze ich Predigten von Mgr Aupetit, von denen ich die meisten toll finde).

    Ich las kürzlich das Zeugnis eines Pariser Diakons: er sei so gerne Diakon, zu dem er sich schon länger vor seiner Weihe berufen fühlte. Zum Dienst für Gott u. die Menschen (er kümmert sich v.a. um alte Menschen, Kinder u. Jugendliche). Und – seit seiner Weihe sei er noch enger mit Christus verbunden, dem er sich schon vorher stark verbunden fühlte. Seither liebe er auch seine Frau noch mehr, mehr als zuvor. Ein schöneres Zeugnis gibt es nicht.

    Noch eine Ergänzung: In der orthodoxen Kirche, wo die Ehe einen sehr hohen Stellenwert hat, wird das Brautpaar gekrönt. Gekrönt! Schon in diesem Ritus liegt eine hohe Ehrerbietung den Braut- u. folgend den Eheleuten gegenüber. Über das Brautpaar wird auch der Heilige Geist herabgerufen. Herabgerufen! Wie bei den Priestern!
    Damit ist alles gesagt.

  4. Ja, das stimmt – es hätte Dutzende Feste gegeben, bei denen es passender gewesen wäre, einen “Tag des geweihten Lebens” anzukleben. Einer der unzähligen postkonziliaren Fehlleistungen.

    Die Kirche hat immer vorchristliche Feste, sakrale Orte usw. für das Christentum adaptiert – protestantische Naturen sehen darin eine “Repaganisierung”, eine Verunreinigung der “reinen biblischen Lehre” (der Reinheitswahn, der sich z. B. in Waschzwang äußert, ist eine Psychopathie). Ich sehe das als Akte der Klugheit.

    Ihre Aufforderung, “das Judentum Jesu und Mariä in den Blick zu nehmen”, heißt, Eulen nach Athen zu tragen: die Re-Judaisierung des Christentums ist ein wesentliches Anliegen der postkonziliaren Kirche. Das sieht man in der Liturgie, in der “Reinigung” volksfrommer Bräuche, in der Exegese und in vielem mehr. Die Konzilskirche ist eifrig dabei, neue Flecken auf alte Kleider zu nähen und neuen Wein in alte Schläuche zu gießen.

    Der Protestantismus lehnt das gottgeweihte Leben als angeblich “schriftwidrig” und “unbiblisch” ab. Hat dies aber auch nur im mindesten die Stellung der Frau in der protestantischen Gesellschaft verbessert? Sicher kann man auch im Katholizismus oft eine Minderschätzung von Frau und Mutterschaft feststellen (zumindest, wenn diese nicht im Rahmen einer kleinbürgerlichen Familie à la 1950er-Jahre erfolgt), aber Protestantisierung oder gar Rejudaisierung ist zwar nicht, wie Annalena meinen würde, zu 360°, aber doch zu 180° die falsche Richtung.

  5. Warum eine Frau im Judentum nach der Geburt eines Mädchens 80, nicht 40 Tage unrein ist? Weil Frauen im Judentum Menschen zweiter Klasse waren, die nur dazu taugten, die Zahl des auserwählten Volkes zu vergrößern, aber spirituell völlig impotent waren.
    Die katholische Kirche wiederum übertreibt vielfach das gottgeweihte (jungfräuliche) Leben und vergißt oft, daß auch Elternschaft mit der Rechtfertigung vereinbar ist. Auch wieder ein Erbe des ehemaligen Manichäers Augustinus?

  6. Sie sprechen es an, daß die Kirche zahllose vorchristliche Bräuche, Feste, heilige Orte etc. für sich adaptiert hat. Für protestantische Gemüter ist das ein “Schritt zurück ins Heidentum”, eine Verunreinigung (der Reinheitswahn, der sich z. B. im Waschzwang äußert, ist ein psychopathologisches Phänomen), für mich ist es ein Akt der Klugheit.

    Seit dem 2. Vatikanum ist eine Tendenz vorhanden, das Christentum auf seine “jüdischen Wurzeln” “zurückzuführen”. Das ist in der postkonziliaren Liturgie, im Pastoralen, in der kryptoprotestantischen Abschaffung vielen volksfrommen Brauchtums (mit “heidnischem” Substrat), in der Absetzung vieler Heiliger, die mit historisch-kritischer Methode nicht zu verifizieren sind, der Fall, uvm. Kurzum: eine zweite Reformation, die neuen Wein in alte Schläuche füllen will.

    Warum wohl muß eine Frau nach der Geburt einer Tochter 80, nicht 40 Tage “unrein” sein? Darf man nicht aussprechen, daß im Judentum eine Frau ein Wesen zweiter Klasse ist? Ist das ein erstrebenswertes Vorbild für den Katholizismus? Sicher sollte man Elternschaft gleich würdigen wie gottgeweihtes Leben, aber bitte nicht nach at. Façon!

    Daher tragen Sie leider Eulen nach Athen, wenn Sie die Kirche auffordern, das Judentum Jesu und Mariä in den Blick zu nehmen. Sie hat es wahrlich schon mehr als genug getan!

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