Weidels Aussagen in unserem Magazin kommen zu einer Zeit, in der sie neue Bündnisse – allen voran mit Elon Musk – in den USA schmiedet.
Von Sumantra Maintra. Autorisierte Übersetzung von Maria Schneider. Originalartikel vom 6. Januar 2025 in “The Conservative American”.
Frau Weidel, vielen Dank, dass Sie sich bereit erklärt haben, mit dem American Conservative zu sprechen. Sie erwähnten kürzlich in einem Bloomberg-Interview, dass Sie in Bezug auf die Steuerpolitik und dem Krieg in der Ukraine eine libertäre Haltung vertreten. Dennoch werden Sie in Deutschland wegen Ihrer Einstellung zur Einwanderung und der EU als rechtsextrem eingeordnet. Würden Sie für die Öffentlichkeit bitte klarstellen, was Sie vorziehen: Einen Verbleib oder Austritt aus der EU, da eine Reform der EU immer unwahrscheinlicher wird?
Zunächst einmal möchte ich Ihnen für die Gelegenheit danken, mit Ihnen über diese Themen zu sprechen. Eines möchte ich von vornherein klarstellen: Weder ich noch meine Partei sind Rechtsextremisten. Sie sollten wissen, dass die Linken, die derzeit die Deutungshoheit innehaben, diese Anschuldigung als Schlachtruf nutzen. Sie halten es dabei nicht einmal für nötig, Beweise für diese Anklage vorzulegen. Ihrer Ansicht nach ist ohnehin jeder ein „Rechtsextremist“, der nicht so sein will wie sie.
Nun zu Ihrer Frage zum EU-Austritt: Hier handelt es sich um eine ganz einfache Abwägung. Deutschland braucht die EU nicht zum Überleben; die EU braucht uns viel mehr als wir sie. Die EU behauptet jedoch das genaue Gegenteil und macht allen weis, dass wir als Deutsche unsere ureigensten Interessen zurückstellen müssen, um das „europäische Projekt“ nicht zu gefährden. Dies ist eine stark verzerrte Darstellung. Entweder lernt die EU, unsere nationalen Interessen zu berücksichtigen, oder sie wird sich auflösen.
Es liegt also ganz allein an der EU, wie Deutschland sich verhalten wird. Eines steht jedoch fest: Die EU muss sich ein für allemal vom bisherigen Credo verabschieden, dass ein starkes Deutschland zu einem schwachen Europa führt und dass die Deutschen daher – zum Wohle aller – kein Bewusstsein für ihre nationalen Interessen entwickeln dürfen. Das ist schlicht und ergreifend geschichtlicher Unsinn. Wir waren seit jeher das Herz Europas und werden es auch für alle Zeit bleiben. Sollte dieses Herz aufhören zu schlagen, wird Europa sterben.
Ihr Co-Vorsitzender Tino Chrupalla sagte kürzlich, dass Deutschland gezwungen sei, die Interessen Amerikas umzusetzen, und dass das NATO-Verteidigungsbündnis die Interessen Europas weder akzeptieren noch respektieren würde. Tatsächlich sind die meisten Amerikaner nicht mehr bereit, eine Beteiligung der USA am Krieg in der Ukraine zu unterstützen oder diesen zu finanzieren, während die Europäer in den baltischen Staaten über Polen bis hin zu Großbritannien und Frankreich sowie die EU-Institutionen der Ukraine noch stärker beistehen wollen. Wie gehen Sie mit diesem Widerspruch um?
Erlauben Sie mir, etwas auszuholen, da es sich um einen vielschichtigen Sachverhalt handelt. Die Vereinigten Staaten sind ohne jeden Zweifel die einzige globale Supermacht, der es gelungen ist, weltweit Einfluß auszuüben. Üblicherweise bezeichnet man so etwas als Imperium, es handelt sich allerdings um ein eher seltsames Imperium: Ein Imperium, das die Welt von Montag bis Mittwoch regiert und sich Donnerstag bis Sonntag absentiert. Wir sehen hier einen ewig währenden Kampf, der vermutlich schon seit der Unabhängigkeit der USA zwischen den Expansionisten und Isolationisten tobt.
Für andere Nationen ist es nicht so leicht, mit so etwas umzugehen, vor allem nicht für uns Deutsche. Einerseits beschwert sich die amerikanische Führung z.B. über die deutsche Energiepolitik, die – was geopolitisch durchaus einleuchtend ist – auf eine Einigung mit Russland abzielt. Man denke nur an die unfaßbare Wut, die der Bau der Nordstream-Pipeline auf amerikanischer Seite entfesselt hat! Wie konnten wir nur? Wir alle haben noch die Bilder vor Augen, wie Präsident Biden Bundeskanzler Olaf Scholz wegen Nordstream auf entsetzliche Weise öffentlich gedemütigt hat.
Und dann hat man Nordstream eben durch eine Kriegshandlung zerstört. Dass die deutsche Regierung es aus Angst unter allen Umständen vermeidet, mit dem Finger auf den Täter zu zeigen, sagt eigentlich schon alles. Was wollen die USA eigentlich? Wollen sie Deutschland als Kolonie halten? Eine Kolonie, die nicht das Recht hat, ihre eigene Energiepolitik zu bestimmen? Eine Nation also, der das Recht auf Selbstbestimmung mit entsprechenden Folgen abgesprochen wird? Da sie als strahlender Sieger aus der Geschichte hervorgegangen sind, sind die USA zu so etwas in der Lage. Sie müssen dies jedoch auch wollen und uns mitteilen, damit wir uns darauf einstellen können.
Denn wir Deutsche liegen als Volk am Boden. „Was seine Selbständigkeit verloren hat, hat zugleich verloren das Vermögen einzugreifen in den Zeitfluß, und den Inhalt desselben frei zu bestimmen“, so der deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte. Ein solches Volk „hat von nun an gar keine eigene Zeit mehr, sondern zählt seine Jahre nach den Begebenheiten und Abschnitten fremder Völkerschaften und Reiche.“ Als Deutsche haben wir sehr lange unter genau solchen Umständen gelebt, die eindeutig den USA zum Vorteil gereicht haben. Als Einzelpersonen haben wir natürlich auch davon profitiert. Das will ich gar nicht abstreiten, denn ein Leben als Sklave hat auch seine Vorteile. Ein Sklave genießt das höchste Recht, dass er sich nicht an den Kämpfen seines Herrn beteiligen muss, sondern den Frieden genießen kann. Aber auch das paßt der US-Führung nicht. Die USA führten in den letzten 30 Jahren zahlreiche Kriege in Europa und im Nahen Osten, an denen wir uns auf Wunsch der USA hätten beteiligen sollten. Warum eigentlich? Wir haben gar keine Kriege mehr zu führen, da wir uns schon lange aus der Geschichte verabschiedet haben. Als Folge dessen haben wir unsere Streitkräfte bis zur Unkenntlichkeit heruntergewirtschaftet.
Und gerade jetzt, wo wir den Punkt der absoluten Bedeutungslosigkeit erreicht haben, entdecken unsere politischen Führer auf einmal ihre Begeisterung für den Krieg. Kriegslust ist zu einem staatlich verordneten Wahnsinn geworden, wie man ihn seit dem Ende des letzten Weltkriegs nicht mehr gesehen hat. Die CDU als Oppositionspartei übertrumpft derzeit die Regierungsparteien mit ihrem lautem, vulgären Kriegsgeschrei. Und dies, obwohl wir, militärisch gesehen, nicht einmal ansatzweise einsatzfähig sind. Tatsächlich erleben wir aber gerade, dass impotente Menschen ihre ungezügelten, sexuellen Fantasien ausleben. Dieses irrwitzige Schmierentheater werden wir so bald als möglich beenden und uns entsprechend mit den USA abstimmen. Vorher müssen die USA sich jedoch darüber im Klaren sein, in welcher Welt sie leben wollen. Wenn die USA ein Imperium aufbauen wollen, dann müssen sie selbst dafür kämpfen, ihr eigenes Blut vergießen und ihr eigenes Hab und Gut aufs Spiel setzen. Sie dürfen nicht erwarten, dass die Unfreien für sie in den Krieg ziehen. So etwas ist schlicht unmöglich und wird nicht stattfinden. Wenn ein Sklave sich bereit erklärt, zu kämpfen, wird er unweigerlich seine Freiheit als Gegenleistung dafür verlangen. Freiheit bedeutet mithin auch, dass Menschen ihren eigenen Weg gehen und ihr eigenes Glück suchen. Wenn ihnen dies verwehrt wird, sind sie Sklaven. Und Sklaven kämpfen nicht. Deshalb darf man ihnen dies auch nicht zum Vorwurf machen.
Wenn Präsident Donald Trump also von Deutschland verlangt, dass es zukünftig Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen soll, dann sollte er sich auch über die sich daraus ergebenden Konsequenzen im Klaren sein. Wir werden uns höflich seine Bedenken zu Nordstream und unserer Energieversorgung anhören, dann jedoch unsere eigenen Entscheidungen treffen, die er akzeptieren muss, ob ihm das nun gefällt oder nicht. Wir Deutsche haben den Geist der Freiheit verloren; andere Nationen haben dafür gekämpft und ihn bewahrt, etwa die baltischen Staaten, die Sie erwähnten.
Nehmen wir einmal an, Sie gewähren den baltischen Staaten Ihre volle Unterstützung. Gleichzeitig sollen diese aber die Kontrolle über ihre Energieversorgung aufgeben und an amerikanische Konzerne übergeben. Sie sagen ihnen, dass sie ihre Grenzen öffnen müssen und die EU ab jetzt bestimmen wird, wer in ihr Land kommt und sich dort niederläßt. Sie können sich darauf verlassen, dass diese freiheitsliebenden Völker angesichts solcher Bedingungen ihre Forderungen nach Unterstützung sofort wieder zurückziehen würden. Dieser vermeintliche Widerspruch hat viel mit der widersprüchlichen Selbstwahrnehmung der USA zu tun.
Elon Musk hat sich hinter Sie gestellt, wie auch Nigel Farage in Großbritannien. Entsteht hier eine europaweite, rechte Bewegung mit Unterstützung der rechten, digitalen Plattformen, der Tech-Right? Falls ja, welche Herausforderungen liegen damit vor uns?
Wir sind für diese Unterstützung sehr dankbar. Ich würde nicht von einer „europaweiten Tech-Right“ Bewegung sprechen. Tatsächlich hat sich die politische Linke über mehrere Jahrzehnte hinweg ein sehr wirkmächtiges Meinungsmonopol aufgebaut. Dies gilt für Deutschland noch viel stärker als für die USA, da es gerade hier wesentlich mehr staatlich kontrollierte Institutionen gibt, in denen die Linken das Sagen haben. Unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk wird z.B. jährlich mit acht Milliarden Euro finanziert. Das ist weltweit einmalig. Daher sollten wir eher über eine „Tech-Left“ sprechen, wobei dieses Monopol gerade zerfällt.
Heutzutage kann jeder mit wenig Aufwand seine eigenen Sendungen produzieren und einem potenziellen Millionenpublikum anbieten. Wenn dann noch ein unternehmerisches Genie wie Elon Musk mit seiner brennenden Liebe zur Meinungsfreiheit auf den Plan tritt, dann gelingt es selbst einem Goliath mit einer prallen, mit acht Milliarden Euro gefüllten Geldbörse nicht mehr, die öffentliche Meinung nach den Wünschen der Linken zu beeinflussen. Dies hat weniger mit der Nutzung der „Tech-Right“ denn mit schlichter Meinungsfreiheit zu tun. Linke haben selten Argumente, sie beleidigen einfach ihre Gegner. Bislang sind sich auch ganz gut damit gefahren. Doch der inspirierende Sieg von Präsident Donald Trump hat gezeigt, dass dieses Monopol allmählich aufbricht.
Deshalb sind die EU-Eliten auch so unglaublich wütend auf Musk. Sie fürchten uns, sie fürchten die Freiheit und ganz besonders die Redefreiheit.
Bei Giorgia Meloni in Italien und den Le Pens in Frankreich konnten wir beobachten, wie digitale Plattformen moderiert wurden, um an die Regierungsmacht zu kommen. Bislang ist es eher unwahrscheinlich, dass Sie in Deutschland Koalitionsverhandlungen aufnehmen werden. Wenn dieser Fall jedoch einträte, bei welchen Themen wäre Ihre Partei kompromissbereit und wo gibt es rote Linien?
Wir müssen keine Kompromisse eingehen. Die einzige deutsche Partei, die in den Umfragen noch vor uns liegt, ist die CDU. Warum? Weil die CDU ihre Forderungen im Wahlkampf einfach aus unserem Parteiprogramm übernommen hat. Das ist zwar unglaublich, aber wahr, denn sogar unsere Formulierungen wurden einfach abgeschrieben. Natürlich wollen sie nichts davon umsetzen, sondern belügen die Wähler. Die CDU hat eine Koalition mit uns ausgeschlossen, so dass nur noch die linken Parteien übrig bleiben.
Vielleicht wird die CDU ihre Wähler erneut verraten, wie sie es schon oft getan hat. Doch dies wird meiner Ansicht nach ihr letzter Verrat sein. Denn jetzt gibt es die Alternative für Deutschland, ganz gleich, ob wir nun die Mehrheit bekommen oder nicht. Vielleicht nutzt die CDU sogar ihre allerletzte Chance und geht eine Koalition mit uns ein. In diesem Falle werden wir einfach all das umsetzen, was die CDU selbst im Wahlkampf gefordert hat. So oder so werden wird unseren Willen durchsetzen.
Außerdem wird über die Wiederaufrüstung Deutschlands und NATO-Reformen debattiert. Können Sie den amerikanischen Lesern Ihre Position und die Ihrer Partei unmissverständlich darlegen?
Wir haben einen enormen Reformbedarf. Vermutlich wissen Sie nicht, dass wir wahrscheinlich die untauglichsten Streitkräfte der Welt haben. Eigentlich ist es egal, welches Land uns angreift – wir sind fast jedem Land unterlegen. Als die Ukraine nach dem russischen Einmarsch Waffenlieferungen von Deutschland forderte, konnten wir ihnen anfangs nur Helme liefern. Die ukrainischen Behörden werteten dies als Affront. Doch wir verfügten schlicht und ergreifend über kein weiteres Material, das wir hätten liefern können. Seitdem haben wir die Ukraine mit den Waffensystemen aus unseren Beständen beliefert, die noch einsatzfähig waren. Jetzt haben wir aber das Ende der Fahnenstange erreicht und es gibt kaum mehr Material.
Es ist kaum zu glauben, dass wir schon jetzt ein jährliches Verteidigungsbudget von über 50 Milliarden Euro haben. Das entspricht mindestens zwei Drittel des russischen Verteidigungsbudgets. So etwas Verrücktes kann man sich gar nicht ausdenken. Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, so viel Geld für so wenig auszugeben. Eine Regierung unter der AfD wird das Verteidigungsbudget zwar nochmals deutlich erhöhen, aber viel umsichtiger damit umgehen. Unser eigentliches Problem ist ja die extrem schlechte Mißwirtschaft. Und da ist die Bundeswehr noch nicht mal unser einziges Sorgenkind. Im Bildungssystem stellt sich die Situation ähnlich dar. Wir ersticken in allen Lebensbereichen an einer lähmenden, geldgierigen Bürokratie.
Die NATO erfindet sich gerade neu. Wir sind schon gespannt, welche Richtung der neue amerikanische Präsident einschlagen wird. Wir können das alles noch gar nicht absehen, weil die Entwicklung sich erst in ein paar Jahren entfalten wird. Eines ist jedoch jetzt schon klar: Die bisherige NATO hatte eine sehr starke Arbeitsteilung. Verschiedene Nationen übernahmen unterschiedliche Aufgaben und uns Deutschen war es gelungen, uns einen Platz auf der Bühne zu sichern. Wie bereits erwähnt, lief alles gut, solange die USA bereit waren, ihre Führungsrolle in Europa auszufüllen. Wenn die USA sich nun mehr auf den Pazifik ausrichten, wird sich das ändern müssen.
Dann ist Eigenverantwortung gefragt, obwohl unsere Streitkräfte nicht auf eine solche Situation vorbereitet sind. Wir haben der Logistik im Vergleich zu unseren Kampftruppen eine viel zu starke Priorität eingeräumt. Infolgedessen sind wir nicht mehr in der Lage, größere Militäroperationen eigenständig durchzuführen. Deutsche Politiker verkaufen das im Ausland gern als Pazifismus. Meiner Ansicht nach ist ein Pazifist jedoch jemand, der – obwohl er dazu in der Lage wäre – keinen Krieg führt und stattdessen als Friedliebender verzweifelt nach Frieden strebt. Wer jedoch auf Frieden hofft, weil er sich nicht verteidigen kann, ist kein Pazifist, sondern ein Schneemann, der auf einen möglichst langen Winter hofft.
***
Auszüge dieses Interviews (bis zu einer halben bis dreiviertel Seite) sollen und dürfen mit einem Verweis zu www.beischneider.net übenommen und möglichst weit geteilt werden.
Bei diesem Interview handelt es sich um eine menschengemachte – keine maschinelle – Übersetzung. Die Übersetzerin Maria Schneider freut sich daher über Spenden für den erheblichen Zeitaufwand, den Übersetzungen mit sich bringen :).
Zur Info:
Um 10:00 Uhr gehts los!
:::
“Zeit für Deutschland”: 16. AfD-Bundesparteitag live aus Riesa! – Tag 1
…!!
Stark!
Danke für Eure Arbeit hier für den Blog.
Auch bei der Sondersendung von Weltwoche, hat Frau Weidel Klartext gesprochen. Sehenswertes Interview!
::::
Man will die Deutschen ausplündern: AfD-Chefin Weidel über Elon Musk und den Zusammenbruch des Euro
ca 25 min.
..!!