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Bundeswehr-Abhörskandal: Geheimgebot mißachtet

„Eine Gefahr für Deutschland“

Die Wellen nach dem Abhörskandal bei der Bundeswehr schlagen immer noch hoch und ziehen weitere Kreise. Betrachten wir in gebotener Kürze hier nur mal den Aspekt des Bruchs der Geheimnisregeln:

Ein von Verteidigungsminister Boris Pistorius angekündigter Bericht des Militärgeheimdienstes lag am Montag zwar noch nicht vor. Doch läßt der Blick in die behördlichen Geheimschutzregeln in Deutschland den Schluß zu, das der Luftwaffenchef Ingo Gerhartz und drei weitere Offiziere gegen einschlägige Vorschriften verstoßen haben dürften.

Gerhartz hatte Mitte Februar in einer Konferenz über mutmaßlich ungeschützte Leitungen mit Soldaten über eine mögliche Lieferung des deutschen Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine gesprochen.

Der „Gedankenaustausch“ – so bezeichnete am Montag ein Ministeriumssprecher die Konferenz – ging tief in militärisch-technische Details. Dazu war auch Brigadegeneral Frank Gräfe, Leiter der Abteilung Einsatz im Luftwaffenkommando in Berlin, aus einem Hotel in Singapur zugeschaltet. Gräfe hielt sich dort sehr wahrscheinlich anläßlich der „Singapore Airshow“ auf.

Nachdem ein Mitschnitt der Besprechung am Freitag von Russland veröffentlicht worden war, mußte das Verteidigungsministerium einräumen, es sei „mit Blick auf die besprochenen Inhalte ein nicht ausreichend sicheres Kommunikationsmittel verwendet“ worden. Diesem Aspekt dürfte Bedeutung zukommen, wenn es um eine politische und möglicherweise auch disziplinar- und strafrechtliche Bewertung des Vorgangs geht. Die Vorschriften für deutsche Behörden sind hier klar. So steht beispielsweise in den Geheimschutzordnungen von Bundestag und Bundesrat, über Verschlußsachen dürften grundsätzlich keine unverschlüsselten fernmündlichen Gespräche geführt werden.

Unter Verschlußsachen sind die vier Geheimhaltungsstufen in Deutschland zu verstehen. Der Geheimhaltungsgrad richtet sich dabei nach dem Ausmaß des Schadens, der bei der Preisgabe des Inhalts einer Verschlußsache eintreten kann. In einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zum Geheimschutzrecht aus dem Jahr 2015 sind die vier Geheimhaltungsstufen definiert.

Preisgabe von Waffenwirkungen fällt unter „Streng geheim“

Die niedrigste Stufe „Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD)“ gilt etwa für Dienstanweisungen und Dienstpläne. Eine Einstufung in die nächsthöhere Kategorie „Vertraulich“ erfolgt, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen Deutschlands schädlich sein könne. Das betrifft etwa Ermittlungsberichte in Spionageverdachtsfällen. Als „Geheim“ gilt, wenn die Sicherheit Deutschlands durch die Kenntnisnahme Unbefugter gefährdet oder den nationalen Interessen schwer geschadet werden könnte.

Der höchste Geheimhaltungsgrad „Streng geheim“ ist demnach zu verwenden, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte den Bestand oder lebenswichtige Interessen Deutschlands gefährden könnte. Die Voraussetzungen einer solchen Einstufung würden nur äußerst selten und in der Regel nur im Verteidigungs- oder nachrichtendienstlichen Bereich erfüllt. Dazu zählten Informationen, „deren Preisgabe die Wirkung entscheidender Waffensysteme ganz oder weitgehend infrage stellen würde“.

In der Geheimschutzordnung von Bundestag und Bundesrat heißt es zudem, über Angelegenheiten des Geheimhaltungsgrades „Vertraulich“ oder höher dürften Ferngespräche nur in außergewöhnlichen und dringenden Fällen geführt werden. Darüber hinaus seien diese Gespräche so vorsichtig zu führen, daß der Sachverhalt Dritten „nicht verständlich“ werde. Gegen beide Vorschriften dürften die Offiziere in der geleakten Besprechung verstoßen haben.

Der massivste Verstoß besteht mutmaßlich aber darin, daß die vier Soldaten über Aspekte sprachen, die als mindestens „Geheim“ einzustufen sein dürften. So erwähnt der Luftwaffenchef Gerhartz in dem Gespräch etwa den Streukreis des Taurus beim Zieleinschlag. Selbst wenn Russland über diese Information schon verfügt haben sollte, ist die Bestätigung aus dem Mund des höchsten deutschen Luftwaffenoffiziers für Moskau von ganz besonderem Wert. Verstöße gegen das Dienstgeheimnis können in Deutschland mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden.

Für den deutschen Bundeskanzler und seine Geheimdienste ist das ein Fiasko, nicht zuletzt, weil ein öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienstleister für das vertrauliche Gespräch genutzt wurde. Auf jeden Fall sind dadurch die internen Widersprüche der deutschen Politik in Bezug auf die Ukraine offen zutage getreten. Die Enthüllungen könnten Kiews Zugang zu deutschen Waffensystemen weiter erschweren. Und auch die Spannungen zwischen Berlin und den anderen NATO-Partnern dürften dadurch zugenommen haben. Beides wird im Sinne des Kreml sein.

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maassen, sagte der NZZ, es sei besonders verstörend für ihn, daß die Offiziere über Themen gesprochen hätten, die mindestens der Verschlußsache „Geheim“ unterlägen und über die allenfalls mittels verschlüsselter Geräte hätte kommuniziert werden dürfen. „Nach normalen Maßstäben müßten Inspekteur und Abteilungsleiter gehen. Sie sind eine konkrete Gefahr für die Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands.“

Doch es sind nicht nur grundlegende Geheimschutzregeln, gegen die der Luftwaffenchef Gerhartz und die anderen Offiziere mutmaßlich verstoßen haben. Gemäß den Sicherheitsvorschriften der Bundeswehr für Konferenzplattformen hätte der „Gedankenaustausch“ in dieser Detailtiefe auch nicht auf Webex stattfinden dürfen. Webex ist nach Angabe von Bundeswehrangehörigen lediglich für Besprechungen der Geheimhaltungsstufe „Nur für den Dienstgebrauch“ zugelassen. Das würde die Aussage eines Ministeriumssprechers von Montag erklären, wonach die von den vier Offizieren „gewählte Kommunikationslösung sehr wohl bis zu einem gewissen Einstufungsgrad geschützt und zertifiziert“ gewesen sei.

Hat sich der russische Geheimdienst heimlich eingewählt?

Wie es Russland gelungen ist, das Gespräch zwischen den hochrangigen Offizieren mitzuschneiden, ist noch unklar. Webex verfügt grundsätzlich über Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Die Verbindungen aller Teilnehmer untereinander können nicht mitgehört werden. Allerdings gibt es Einschränkungen. Die Verschlüsselung ist insbesondere dann nicht aktiv, wenn sich ein Teilnehmer nicht über die Handy-Applikation, sondern über eine normale Telefonleitung in die Konferenz einwählt. Dies könnte beim abgehörten Gespräch der Fall gewesen sein.

Einer der Teilnehmer, Brigadegeneral Gräfe, befand sich während des Gesprächs vermutlich in seinem Hotelzimmer in Singapur. Die Aufnahme scheint auf seiner Seite mitgeschnitten worden zu sein. So ist seine Stimme bereits zu hören, bevor er von einem Administrator zur Besprechung zugelassen wird. Dann ertönt die automatische Ansage „Sie treten jetzt der Konferenz bei“. Zudem erscheint Gräfes Stimme in der Aufnahme leicht klarer und störungsfreier als jene der anderen.

Es ist denkbar, daß sich russische Geheimdienstmitarbeiter Zugang zu Servern der Webex-Plattform verschafft haben, zum Beispiel über eine bislang unbekannte Schwachstelle. Roderich Kiesewetter, Außen- und Sicherheitsfachmann der oppositionellen Union, erwähnte gegenüber der ARD die Möglichkeit, daß sich ein russischer Teilnehmer unbemerkt in die Webex-Konferenz eingewählt habe.

Es scheint plausibel, daß die Bundeswehr bei der Sicherheit nachlässig gewesen ist. Denkbar ist etwa, dass Gräfe in Singapur oder gar alle Teilnehmer per Telefon zugeschaltet waren. Es stellt sich in diesem Fall auch die Frage, warum die Bundeswehr unsichere Konferenzen wie diese technisch überhaupt zuläßt. Falls Gräfe tatsächlich über eine normale, unverschlüsselte Telefonverbindung teilgenommen hat, wäre es für einen ausländischen Geheimdienst nicht allzu schwierig, die Leitung anzuzapfen und das Gespräch mitzuhören.

Russland hat in der Vergangenheit über WLAN angegriffen

Da die Aufnahme allem Anschein nach auf der Seite Gräfes entstanden ist, erscheint auch ein Angriff auf seinen Laptop oder sein Handy als sehr plausibel. Dieser könnte zum Beispiel über das WLAN-Netzwerk des Hotels in Singapur ausgeführt worden sein. So hatten es Angehörige des russischen Militärgeheimdienstes vor einigen Jahren geschafft, unter anderem in Lausanne über ein Hotel-WLAN den Rechner eines Opfers zu infizieren.

Als Gräfe am 19. Februar von Singapur aus an der Besprechung teilnahm, fand im Stadtstaat die „Singapore Airshow“ statt. Die deutsche Luftwaffe war mit einem Transportflugzeug Airbus A400M an dieser Aviatikmesse, die als die größte ihrer Art in Asien gilt, vertreten. An einer solchen Veranstaltung nehmen zahlreiche hochrangige Militärs sowie Vertreter von Behörden und Rüstungsfirmen teil.

Daß ein russischer Geheimdienst in einem Hotel aktiv war, um Besucher der Luftfahrtmesse auszuspionieren, würde nicht erstaunen. Ist es russischen Agenten erst einmal gelungen, Gräfes Laptop oder sein Handy zu kompromittieren, wäre ein Mitschnitt seiner Gespräche über eines dieser Geräte dann ein Leichtes.

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Ex-Verteidigungsminister (USA) Panetta:

Der frühere US-Verteidigungsminister Leon Panetta fordert einen Waffenstillstand im Nahen Osten und mehr Kriegsgerät für die Ukraine. Im Interview warnt er vor einem „Scheitern“ der westlichen Demokratien.

Schlägt man Leon Panetta vor, direkt „in die Weltlage einzusteigen“, lacht er dröhnend durchs Telefon. „Da gibt es sehr viel, womit wir loslegen können“, sagt er über die Krisenherde in der Welt. „Man will seine Kinder fest umarmen“, beschreibt er das Gefühl, das er beim Verfolgen der Nachrichten hat.

Mit 85 Jahren beobachtet Panetta die Politik von außen, doch der frühere US-Verteidigungsminister und Chef des Geheimdienstes CIA lenkte die militärischen Geschicke der USA in einer extrem kritischen Phase. Unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama überwachte Panetta die Tötung von Osama bin Laden. Der Krieg gegen den Terror galt damals als härteste Probe für den Westen – und brachte den USA auch viel internationale Kritik ein.

Panetta drängt dennoch auf eine proaktive Führungsrolle: Der Westen dürfte „nicht nur auf Krisen reagieren, sondern muß sie aktiv verhindern“, fordert er. Im Handelsblatt spricht er über Friedenslösungen in Nahost, Waffen für die Ukraine – und gibt jüngeren Generationen einen Rat.

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Das Ganze ist ein Geschenk für die russische Propaganda. Wichtiger aber ist, was hinter der Diskussion steckt – und zwar Druck der Ukraine auf den Westen, mehr Ausrüstung zu liefern, bevor Russland seine erwartete Frühjahrs-Offensive startet. Der deutsche Bundeskanzler könnte das Debakel um den Abhörskandal wieder gut machen, indem er die dringend benötigten Taurus-Langstreckenraketen liefert.

Scholz befürchtet, daß Russland Deutschland eine Kriegsbeteiligung vorwerfen könnte. Diese Sorge ist aber unbegründet. Denn an diesem Krieg beteiligen sich inzwischen nahezu alle zivilisierten Länder der Welt auf der Seite der Ukraine. Darunter selbstverständlich auch Deutschland und Polen. Wir entsenden keine Soldaten, aber wir liefern Ausrüstung und Munition, wir geben Geld, und wir bilden die ukrainische Armee aus. Wir tun dies aus einer einfachen Kalkulation heraus: Wenn die Ukraine verliert, wird Russland die Hand nach uns ausstrecken. Wenn das deutsche Militär das versteht, warum versteht es dann nicht der deutsche Bundeskanzler?

6.3.2024

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6 Kommentare

  1. Eine Bundeswehr im naiven NATO Glauben, die die Angriffskriegspläne ihres Verteidigungsministers weder durchschaut und auch noch unterstützt, der sollte man den authentischen Antikriegsfilm “Stalingrad” um die Ohren hauen, wo Menschen die eigentlich keine Feindes sind auf Befehl abgeschlachtet haben. Wie viele deutsche Soldaten sind auf dem Todesmarsch Stalingrad umgekommen, eingekesselt im Winter hoffnungslos erfroren? Stalingrad, ehemals Königsberg gehörte mal zum deutschen Reich und nur weil Hitler in seinem geopolitischen Größenwahn auch noch seinen ehemaligen Bündnispartner Stalin den Krieg erklärte, mussten unzählige Soldaten grausam sterben, deren Gräber niemand kennt.

    Aber auch das Buch “Das Feuer” von Henri Barbusse beschreibt das grausame Verrecken der Soldaten auf den Schlachtfeldern, weil die Eliten den ersten Weltkrieg wollten und viele französische und deutsche Soldaten mit allein das Blutzoll einen hohen Preis zahlten. Schon allein das wäre ein Grund, das der Geschwisterkrieg Ukraine/Russland gemeinsam unter der Sowjetherrschaft als geopolitische Kriegsbeute nicht weiter gehen sollte und dringen diplomatische Friedensverhandlungen stattfinden sollten.

    Sag mir wo die Blumen sind,……sag mir wo die Soldaten sind, über Gräber weht der Wind. Die Kraftprotze von der Bunten- ähm Bundeswehr sollten dringen ihren Verstand einschalten, nachdenken auf welche Kosten Eliten Krieg spielen und an das Leid ihrer hinterbliebenen Familien denken. All die Heimat Vertriebenen Deutschen, die nur mit Rucksack und Sachen am Leib fliehen mussten, ohne von einem Sozialstaat gepampert zu werden, aus eigener Kraft wieder eine Existenz aufbauen mussten, schon vergessen? Was sich in der Geschichte so heroisch liest, ist in Wirklichkeit grausam und Menschen verachtend.

    • Montechristo, das zählt alles nichts, es waren ja Deutsche. Man regt sich auf, dass die Ukraine eventuell Gebiete abtreten soll, als Deutschland ein Großteil seiner Gebiete beraubt wurde, war das ok. Dass die Menschen auf der Flucht beraubt, geschlagen und grausam ermordet wurden hat das niemanden gestört und es war auch kein Verstoß gegen die Menschenrechte, denn Deutsche haben keine Rechte zu haben und keine Ansprüche zu stellen. Deutschland wird von der UNO als Feindstaat geführt, der für seine Verachtung und Demütigung auch noch zahlt und sich zerstören lässt. Was mit den Deutschen los ist? Die Gehirne wurden so lange gewaschen bis nichts mehr übrig blieb, das ist los. Wer etwas anderes sagt ist ein Nasi. Er besang den Zeitgeist https://www.youtube.com/watch?v=YXGFCmNX0g0&t=3s

  2. So als mehr oder weniger lustiges Anhaengsel:
    diesem jungen Nichtsnutz, der als Anzeigenmeister fungiert, sollte mal jemand ganz deutlich sagen, der groesste Lump im ganzen Land das ist und bleibt der Denunziant!

    Aber vielleicht sind diese Klimakleber und solche Figuren bezeichnend fuer die deutsche Misere.
    Zu meiner Zeit ab es noch sowas wie Klassenkeile…

  3. Entscheidend fuer Deutschland sind nicht die Verfehlungen der Bundeswehr-Mitglieder hinsichtlich der Geheimhaltung dieses Gespraechs.
    Viel wichtiger ist die Planung absichtlich in Russland zivile Ziele anzugreifen und dabei die Herkunft des Angriffs zu verschleiern, es muss jedem klar sein, dass diese Herren das Gespraech nicht ohne Anweisung von weiter oben gefuehrt haben.
    Dass sie dabei erwischt wurden, zeigt die unprofessionelle Art der Bunten Truppe auf.
    Obendrein, wer auch immer sich die “Unterhaltung” in voller Laenge zu Gemuete gefuehrt hat, musste feststellen, das diese Herren im Kauderwelsch Jargon kommuniziert; deutsch ist schon eine schwierige Sprache, kommt einem zu Sinn.
    Dem Herrn, der da in Singapur im Marina-Bay Sands Hotel war, sollte man mildernde Umstaende zubilligen, da kann man schon mal den Kppf verlieren. Sowas gibt es in Deutschland nicht.
    Nichtsdestotrotz, all den Kriegstreibern sollte man an Herz legen, alle die bisher “den Krieg nach Russland” trugen, erging es nicht gut.

  4. Die größte Verfehlung der Generäle war nicht der Verstoß gegen irgendwelche Geheimhaltungsregeln, sondern die Vorbereitung eines Angriffskrieges, was – leider nur theoretisch- nach Grundgesetz verboten ist.

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